Mit Abnehmspritzen gegen Alzheimer-Demenz?15. Mai 2025 Foto: © millaf – stock.adobe.com GLP-1-Rezeptoragonisten und SGLT2-Inhibitoren könnten einer neuen Studie zufolge das Alzheimer-Risiko senken. Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) weist jedoch darauf hin, dass eine vergleichbar hohe Reduktion des Demenzrisikos ebenso durch Lebensstilmodifikationen erreicht werden kann – und zwar mit deutlich weniger Kosten und nebenwirkungsfrei. Bei den Abnehmspritzen handelt es sich um sogenannte GLP-1-Rezeptoragonisten, die derzeit für die Behandlung von Diabetes mellitus Typ 2 (in Kombination mit Antidiabetika) und von krankhaftem Übergewicht (Adipositas) zugelassen sind. Doch auch bei der letzteren Indikation bezahlen die Krankenkassen die Therapie in der Regel nicht, auch, weil es andere nachhaltigere Wege gibt, um Körpergewicht zu reduzieren. „Diese sind aber mit Verzicht und Anstrengung verbunden, weshalb sich die Abnehmspritzen derzeit großer Beliebtheit erfreuen, und zwar auch bei Menschen, die weder unter Diabetes noch unter Adipositas leiden, sondern die einfach nur ein paar Kilo Gewicht verlieren wollen“, erklärt Prof. Peter Berlit, Generalsekretär der DGN. Den Einsatz als Lifestyle-Medikament sieht die neurologische Fachgesellschaft kritisch, obwohl sich Hinweise mehren, dass GLP-1-Rezeptoragonisten und andere moderne Diabetes-Medikamente wie sogenannte SGLT2-Inhibitoren das Risiko für Alzheimer senken könnten. Das zeigte kürzlich eine sogenannte Zielversuchsemulationsstudie.1 In dieser Studienart wird versucht, mit Daten aus Beobachtungsstudien eine randomisierte kontrollierte Studie (RCT) zu simulieren. Zugrunde gelegt wurden elektronische Gesundheitsdaten aus Florida, aus denen zwischen 2014 und 2023 Personen über 50 Jahre mit einem Diabetes Typ 2 und ohne Hinweis auf eine vorbestehende Alzheimer-Erkrankung ermittelt wurden. Diese wurden dann in drei Kohorten unterteilt: Erstens jene, die GLP-1-Rezeptoragonisten vs. andere Glukose-reduzierende Medikamente erhielten (33.358 Personen; Durchschnittsalter 65 Jahre; 55,3 % waren weiblich). Zweitens jene, die SGLT2-Inhibitoren vs. andere Glukose-reduzierende Medikamente erhielten (34.185 Personen; Durchschnittsalter 65,8 Jahre; 49,3 % weiblich), und, drittens, eine Kohorte bestehend aus 24.117 Patienten (Durchschnittsalter 63,8; 51,7 % weiblich), in der GLP-1-Rezeptoragonisten und SGLT2-Inhibitoren im Hinblick auf das Alzheimer-Risiko verglichen wurden. Im Ergebnis zeigte sich, dass sowohl die mit GLP-1-Rezeptoragonisten als auch die mit SGLT2-Inhibitoren Behandelten ein signifikant geringeres Alzheimer-Risiko aufwiesen als jene, die mit anderen Glukose-senkenden Medikamenten behandelt worden waren. Es gab im Hinblick auf die vor Alzheimer schützende Wirkung keinen Unterschied zwischen den GLP-1-Rezeptoragonisten und den SGLT2-Inhibitoren. Eine aktuelle Übersichtsarbeit2 zeigte hingegen nur für GLP-1-Rezeptoragonisten eine statistisch signifikante Verringerung des Demenz-Risikos. Was sind die Ursachen für diese erstaunliche (Neben-)Wirkung der neuen Diabetes-Medikamente? „Den genauen Mechanismus kennt man nicht, aber es gibt viele Hypothesen: Zum einen könnten die Medikamente, die beide ähnliche Signalwege aktivieren, die Neuroinflammation hemmen, die auch bei der Alzheimer-Erkrankung eine Rolle spielt. Ebenso könnte ihre positive Wirkung auf die Gefäßgesundheit den vor Alzheimer schützenden Effekt mit sich bringen – Hirn- und Gefäßgesundheit hängen eng miteinander zusammen“, erklärt Berlit. Wie der Experte weiter ausführt, mehren sich die Hinweise, dass insbesondere die Abnehmspritzen vor Demenz schützen könnten3,4, dennoch bleibt er vorsichtig: „Es handelt sich um retrospektiv gewonnene Daten, keine kontrollierten randomisierten Studien. Die Ergebnisse aus laufenden Phase-III-Studien zu den GLP-1-Rezeptor-Agonisten müssen wir abwarten. Die möglichen Risiken einer Langzeittherapie sind auch noch nicht vollständig geklärt.“ Bekannte Nebenwirkungen seien Magen-Darm-Beschwerden, Hypotonie, Synkopen, Arthritis, Nephrolithiasis, interstitielle Nephritis und arzneimittelinduzierte Pankreatitis.5 Die DGN empfiehlt eine gesunde Lebensführung mit Fokus auf Bewegung, gesunde Ernährung und soziale Kontakte sowie die Korrektur von Seh- und Hörstörungen. „Mit diesen Präventionsmaßnahmen kann das Demenzrisiko um bis zu 45 Prozent gesenkt werden6 – und das ganz ohne Nebenwirkungen“, betont Berlit. Der Experte gibt noch eine weitere Limitation der Abnehmspritzen zu bedenken: Sie bekämpfen nicht die Ursache des Problems (Fehlernährung und Bewegungsmangel), sondern das Symptom und müssen entsprechend als Dauertherapie eingenommen werden. Denn, wenn sie abgesetzt werden, ist es wahrscheinlich, dass die Behandelten schnell wieder ihr Ausgangsgewicht erreichen. „Eine aus Wissenschaftssicht spannende Frage ist, was dann im Hinblick auf das Demenzrisiko passiert. Es gibt mehrere Studien7,8, die zeigen, dass relevante Gewichtsveränderungen, übrigens in beide Richtungen, im höheren Alter die Demenzentstehung nach fünf und mehr Jahren begünstigen könnten.“
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