Mit Immunzellen neue Wirkstoffe entwickeln23. Dezember 2022 Professor Dr. Nico Lachmann verwendet neuartige Reaktor-Gefäße welche im skalierbaren Maßstab humane Immunzellen produzieren können. Copyright: Marco Oliveira Prof. Nico Lachmann von der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) erhält 2,5 Millionen Euro für seine Fraunhofer-Attract-Gruppe. In der modernen Medizin spielen Immunzellen und Immunzellpräparate eine zunehmend große Rolle. Lachmann, Forschungsgruppenleiter an der Klinik für Pädiatrische Pneumologie, Allergologie und Neonatologie und Forscher des Exzellenzclusters RESIST, will mit standardisiert hergestellten Immunzellen die Wirksamkeit und Sicherheit von Arzneimitteln testen. Für dieses Vorhaben baut er auch das Projekt „IMMUNITY – Designerzellen: Neue Immunzell-Plattformen für die Gesundheitsforschung“ auf, das im Rahmen des Attract-Förderprogramms der Fraunhofer-Gesellschaft mit 2,5 Millionen Euro für fünf Jahre unterstützt wird. Die Attract-Arbeitsgruppe ist am Fraunhofer-Institut für Toxikologie und Experimentelle Medizin ITEM angesiedelt. Standardisierte Herstellung reifer Immunzellen Die Nachfrage an humanen Immunzellen ist groß und wächst täglich. Bislang ist es jedoch schwierig, Zellen in geeigneter Menge und Qualität zur Verfügung zu stellen, denn jeder Mensch – und damit auch jede Immunzellspende – ist unterschiedlich. „Dies ist ein großes Problem für die Gesundheitswirtschaft und bremst die Innovationskraft massiv aus“, gibt Lachmann zu bedenken. Um den stetig wachsenden Bedarf zu decken, versucht die biomedizinische Forschung daher, humane Immunzellen durch neuartige Bioprozesse zu gewinnen und zu vermehren. Einen Grundstein haben der Attract-Gruppenleiter und sein Team bereits gelegt. Dabei nutzen sie die Eigenschaften von sogenannten induzierten pluripotenten Stammzellen (iPSC). Das sind biotechnologisch „zurückprogrammierte“ Zellen mit der Eigenschaft, sich unbegrenzt teilen und in jede gewünschte Körperzelle entwickeln zu können. Den Forschenden ist es gelungen, reife Immunzellen wie etwa Makrophagen in skalierbaren Systemen herzustellen – also vom kleinen Maßstab im Labor bis hin zur industriellen Verwendung. „Diese Methode der standardisierten Herstellung von Immunzellen aus iPSC ist ein großer Gewinn für die Erforschung und Bewertung von Arzneimittelkandidaten, weil wir deren Wirksamkeit und Sicherheit direkt an den menschlichen Zielstrukturen testen können“, sagt der Wissenschaftler. Der Aufbau und die Überprüfung dieser Tests sollen im Rahmen der Attract-Gruppe vorangetrieben werden. Außerdem sollen bestimmte Prüfsysteme aufgebaut werden, um die Wirkstärke biologischer und biotechnologischer Arzneimittel zu messen. Diese sogenannten zellbasierten Potency-Assays spielen eine wesentliche Rolle bei der Qualitätskontrolle und der Freigabe von Wirkstoffen und Arzneimitteln. Auf Basis dieser Schlüsseltechnologie zur kontinuierlichen Produktion von Makrophagen aus iPSC will das Team um Lachmann innerhalb des Projekts auch neue Herstellungsverfahren für unterschiedliche voll standardisierte Immunzellprodukte und zellbasierte Immuntherapien entwickeln. Designer-Immunzellen vielfältig einsetzbar Das Potenzial solcher Designer-Immunzellen ist riesig: So sind sie zum Beispiel genetisch so veränderbar, dass sie leuchten, wenn sie in Medikamenten Verunreinigungen entdecken. Diese sind bisher nur sehr aufwendig nachzuweisen. Künstliche Hautgewebe, an denen heute schon Kosmetika getestet werden, könnten – angereichert um Immunzellen – die Reaktionen eines menschlichen Organismus noch besser abbilden. Denkbar wäre auch, die Luftqualität durch solche Zellen zu prüfen, denn beim Einatmen sind es Makrophagen und andere Immunzellen, welche zuerst auf Schadstoffe in der Luft reagieren. Lachmann ist es wichtig, dass seine Forschung den Weg aus dem Labor in die Klinik findet. „Eine Idee wird erst zur Innovation, wenn sie in die Anwendung gelangt.“
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