Mit KI allergene Pollen präzise vorhersagen

Patrick Mäder, Leiter des PollenNet-Projekts und Leiter des Fachgebiets Datenintensive Systeme und Visualisierung der TU Ilmenau. Foto: Michael Reichel/TU Ilmenau

Das fachübergreifende Projekt „PollenNet“ soll mithilfe Künstlicher Intelligenz (KI) die präzise Vorhersage der Verbreitung von Pollen und damit effektive Vorsorgemaßnahmen für Allergiker ermöglichen.

Fast ein Drittel der Weltbevölkerung leidet unter pollenbedingten Allergien der Atemwege – Tendenz steigend. Für die betroffenen Menschen wird die Situation von Jahr zu Jahr belastender: Durch den Klimawandel kommt es zu immer früheren und wiederholten Blütezeiten allergieauslösender Pflanzen. Zudem führt auch die erhöhte Konzentration von Kohlendioxid in der Atmosphäre zu einem vermehrten Pflanzenwachstum und damit vermeintlich zu höheren Pollenkonzentrationen in der Luft. Darunter leiden nicht nur viele Menschen, auch der volkswirtschaftliche Schaden ist enorm: Allein in Deutschland verursachen allergische Erkrankungen, die auf Pollen zurückzuführen sind, jedes Jahr Kosten im mehrstelligen Millionenbereich.

Ziel des Projekts „PollenNet – Phänologie-basierte Pollenvorhersagen und EEG-basierte Bewertung allergischer Reaktionen mittels KI” unter Führung der Technischen Universität Ilmenau (TU Ilmenau) ist es, kontinuierlich präzise Informationen und Vorhersagen zur Verbreitung allergener Pollen bereitzustellen, um so die Gesundheit betroffener Menschen besser schützen zu können. Das soeben gestartete Projekt „PollenNet“ ist auf sechs Jahre angelegt und wird von der Carl-Zeiss-Stiftung mit fünf Millionen Euro gefördert.

Um den Transport und die Verbreitung von Pollen hochpräzise vorhersagen zu können, arbeiten international renommierte Expertinnen und Experten aus den verschiedensten Bereichen zusammen: Medizin, Botanik und Ökologie, Datenverarbeitung und KI sowie Strömungsmechanik und Turbulenztheorie. Die Forscherinnen und Forscher werden Methoden der KI ausbauen und neue Modelle entwickeln und anhand wissenschaftlicher Experimente neue Erkenntnisse über die individuelle Belastung von Menschen durch Pollen gewinnen. Ihr gemeinsames Ziel: Ein präzises, flächendeckendes Pollen-Monitoring.

Die TU Ilmenau bringt Expertise aus fünf wissenschaftlichen Bereichen ein: KI, Verarbeitung und Analyse großer Datenbestände und Datenströme, Strömungsmesstechnik und -mechanik, bioelektrische und biomagnetische Messungen und Datenauswertung sowie tensor-basierte Signalverarbeitung. Das Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena ermöglicht mit der gemeinsam mit der TU Ilmenau entwickelten Flora-Incognita-App die Beschaffung von Echtzeit-Informationen zur Phänologie, also zu den im Jahresablauf periodisch wiederkehrenden Entwicklungserscheinungen allergener Pflanzen und es liefert Erkenntnisse zur Vorhersage der Ausbreitung von Arten. Das Helmholz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig bringt seine jahrelange Erfahrung in der Pollenforschung ein und das Universitätsklinikum Leipzig seine herausragende Expertise auf dem Gebiet der experimentellen und klinischen Allergieforschung.

Der Präsident der TU Ilmenau, Prof. Kai-Uwe Sattler, sieht in dem PollenNet-Projekt ein gutes Beispiel dafür, wie universitäre Grundlagenforschung mit anwendungsorientierter Forschung verbunden werden kann: „Mit diesem Projekt möchten wir demonstrieren, wie durch gemeinsame, interdisziplinäre Arbeit aus ganz verschiedenen Forschungsgebieten nicht nur wissenschaftliche Fragestellungen, sondern auch Probleme des täglichen Lebens adressiert werden können.“

Projektleiter Prof. Patrick Mäder, Leiter des Fachgebiets Datenintensive Systeme und Visualisierung der TU Ilmenau, ist zuversichtlich, mit PollenNet einen Beitrag zur Verbesserung der Volksgesundheit leisten zu können: „Ich bin sehr stolz, internationale Spitzenforscherinnen und -forscher zusammengebracht zu haben, die meine Motivation teilen, Millionen Menschen helfen zu wollen, die oft sehr unter ihrem Heuschnupfen und anderen Pollenallergien leiden. Mit genauen Vorhersagen zur allergenen Luftbelastung möchten wir es in Zukunft ermöglichen, effektive Vorsorgemaßnahmen zu treffen, damit die Lebensqualität der Betroffenen, für die ihre Leiden eine enorme Belastung sind, deutlich verbessert wird. Wir hoffen, dass uns ein echter Durchbruch in der Pollenforschung gelingt.“