Mit KI untersucht: Zusammenhänge zwischen Strahlentherapie wegen Lungenkrebs und Herzkomplikationen

Lunge und Herz. (Abbildung: © Rasi/stock.adobe.com)

Ein Forschungs-Team hat eine komplexe Karte von Substrukturen des Herzens erstellt, um das Risiko für verschiedene Arrhythmie-Klassen vorherzusagen.

Die Wissenschaftler vom Brigham and Women´s Hospital in Boston (USA) haben auf Künstlicher Intelligenz (KI) basierende Werkzeuge eingesetzt, um zu einem besseren Verständnis des Risikos für spezifische kardiale Arrhythmien zu kommen, die auftreten, wenn verschiedene Teile des Herzens im Rahmen einer Lungenkrebsbehandlung unterschiedlichen Schwellenwerten von Strahlung ausgesetzt sind. „Die Exposition gegenüber Strahlung im Laufe einer Therapie gegen Lungenkrebs kann sehr schwere und unmittelbare Effekte auf die kardiovaskuläre Gesundheit des Patienten haben“, erklärt Dr. Raymond Mak von der Abteilung für Strahlenonkologie am Brigham and Women´s Hospital und korrespondierender Autor der Veröffentlichung in „JACC: CardioOncology“. „Wir hoffen, nicht nur Onkologen und Kardiologen Informationen zu den Herzrisiken bei einer Behandlung von Lungentumoren mittels Strahlentherapie zu liefern, sondern auch Patienten, die eine Bestrahlung erhalten.“

Retrospektive Analyse von Patientendaten

Bei Patienten mit Nichtkleinzelligem Lungenkrebs (NSCLC) können Arrhythmien häufig auftreten. In der Vergangenheit wurde in Untersuchungen gezeigt, dass Kollateralschäden am Herzen durch eine Bestrahlung von Lungentumoren allgemein Herzprobleme hervorrufen können. Die nun vorgelegte Studie belegt, dass das Risiko für unterschiedliche Arten von Arrhythmien signifikant variieren kann, je nach Pathophysiologie und den Herzstrukturen, die unterschiedlichen Ausmaßen von Strahlung ausgesetzt sind. Die Forschenden führten eine retrospektive Analyse von Daten zu 748 Patienten durch, die wegen eines lokal fortgeschrittenen NSCLC eine Bestrahlung erhalten hatten. Die untersuchten Subtypen von Arrhythmien waren: Vorhofflimmern, Vorhofflattern, andere supraventrikuläre Tachykardien, Bradyarrhythmie und ventrikuläre Tachyarrhythmie oder Asystole.

Die statistische Analyse ergab, dass etwa jeder sechste Patient mindestens eine Arrhythmie von Grad 3 erlitt, wobei im Median 2 Jahre bis zur ersten Arrhythmie vergingen. Als Grad 3 wurden solche schweren Ereignisse eingestuft, die mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Intervention oder Hospitalisierung erforderten. Die Wissenschaftler beobachteten auch, dass fast ein Drittel der Patienten mit Arrhythmien außerdem die Erfahrung schwerer kardialer Ereignisse machte.

Besseres Verständnis möglicher pathophysiologischer Abläufe

Die in der Studie beschriebenen Arrhythmieklassen deckten nicht das gesamte Spektrum möglicher Herzrhythmusstörungen ab. Dennoch glauben die Verfasser der Arbeit, dass ihre Beobachtungen zu einem besseren Verständnis der möglichen pathophysiologischen Abläufe beitragen und potenzielle Wege zur Minimierung der Herztoxizität nach einer Strahlenbehandlung eröffnen. Ihre Studie liefert auch ein Vorhersagemodell für die Dosislast und die Art der zu erwartenden Arrhythmie.

Für die Zukunft glauben die Wissenschaftler, dass Radioonkologen mit Kardiologen zusammenarbeiten sollten, um die Mechanismen von Herzschäden und deren Zusammenhang mit der Strahlenbehandlung besser zu verstehen. Darüber hinaus sollten sie die Vorteile moderner Strahlenbehandlung nutzen, um die Strahlenbelastung aktiv von den spezifischen Herzregionen fernzuhalten, die ein hohes Risiko für die Entstehung von Arrhythmien aufweisen. Laut Mak wird diese Studie zusammen mit früheren Forschungsarbeiten bei der Überwachung und dem Screening helfen und zur Information von Radioonkologen beitragen, wenn es darum geht, welche Teile des Herzens einer Strahlenbelastung ausgesetzt sein dürfen, und um so Komplikationen zu reduzieren.

„Ein interessanter Aspekt unserer Arbeit war die Nutzung von Algorithmen Künstlicher Intelligenz, um Strukturen wie die Lungenvene und Teile des Reizleitungssystems zu segmentieren und so die Strahlenbelastung bei mehr als 700 Patienten zu messen“, sagt Mak. „Dadurch konnten wir viele Monate manueller Arbeit einsparen.“ Diese Arbeit habe also nicht nur potenzielle klinische Auswirkungen, sondern öffne auch die Tür für den Einsatz von KI in der Radioonkologieforschung.