Mit „molekularem Schutzschild“ in der Nase gegen Pollen

Beifuß gehört zu den häufigsten Auslösern einer Pollenallergie. Foto: Natalia Baran/stock.adobe.com

Einen monoklonalen Antikörper, der allergische Reaktionen auf Pollen direkt in der Nase blockieren kann, haben kasachische Wissenschaftler entwickelt. Im Mausmodell konnten sie zeigen, dass das Konzept prinzipiell funktioniert.

Die häufigste Ursache für Pollenallergien in Zentralasien und Teilen Europas ist Beifuß. Zwischen zehn und 15 Prozent der Menschen mit Heuschnupfen reagieren darauf allergisch. Das Team um den leitenden Studienautor Prof. Kaissar Tabynov hat einen Antikörper gegen Beifußpollen entwickelt.

In der Nase appliziert, verhinderte der Antikörper Heuschnupfen- und Asthmasymptome bei Mäusen, wie Tabynov und sein Team im Rahmen ihrer in „Frontiers in Immunology“ veröffentlichten Studie zeigen konnten. Tabynov ist Direktor des Internationalen Zentrums für Vakzinologie an der Kasachischen Nationalen Agrarforschungsuniversität (KazNARU) in Almaty, Kasachstan.

Wirkt sofort und lokal an der Nasenschleimhaut

„Unsere Methode wirkt sofort und lokal an der Nasenschleimhaut, indem sie das Allergen bei Kontakt neutralisiert“, umreißt Tabynov einen Vorteil der im Rahmen der Studie entwickelten Methode. Er schütze nachweislich vor Allergiesymptomen in den oberen und unteren Atemwegen.

Der „molekulare Schutzschild“ verhindere nicht nur die Aktivierung von IgE-Antikörpern, sondern könne auch Entzündungen durch andere Mechanismen reduzieren, beispielsweise durch die Beruhigung der Immunzellreaktionen und die Förderung regulatorischer Signalwege, führt er weiter aus.

„Molekularer Schutzschild“ gegen Beifußpollen

Im Rahmen ihrer Studie produzierten die Wissenschaftler zunächst monoklonale Maus-Antikörper gegen Beifußpollen. Mit Antikörpern aus der Zelllinie XA19, die sich in diagnostischen Test als besonders wirksam erwiesen hatten, arbeitete das Team weiter. Um ihre Wirksamkeit zu testen, wurden gereinigte XA19-Antikörper in die Nasenhöhle von fünf Mäusen appliziert.

Durch Injektion von Pollenextrakt waren diese auf Beifußpollen sensibilisiert. Je fünf weitere Mäuse dienten als positive beziehungsweise negative Kontrolle und erhielten jeweils Placebo. Die Positiv-Kontrollen waren ebenfalls sensibilisiert. Drei Wochen später setzten die Wissenschaftler alle Mäuse unter Narkose dreimal einem Aerosol aus Beifußpollen sowie einem direkt in die Nase verabreichten Pollenextrakt aus.

Antikörper wirksam im Mausmodell – Deutlich weniger Allergiesymptome

Die sensibilisierten Mäuse, denen der XA19-Antikörper verabreicht wurde, hatten deutlich verringerte Allergie-Symptome, verglichen mit der Kontrollgruppe: So reagierten sie beispielsweise mit einer geringeren Ohrenschwellung auf den Pollen – eine häufige allergische Reaktion bei Nagetieren. Sie rieben sich weniger häufig die Nase, was auf eine geringere Reizung der oberen Atemwege hindeutet. Außerdem blieb ihre volle Lungenkapazität bei Kontakt mit dem Pollen erhalten und sie wiesen weniger Entzündungen in den Nasenlöchern auf. In der Lunge waren die Konzentrationen von zwei Zytokinen reduziert.

Das Fazit von Tabynov et al.: Zumindest bei Mäusen reduziert der monoklonale XA19-Antikörper wirksam allergische Reaktionen gegen Beifußpollen, die durch IgE ausgelöst werden. Bis zur Anwendung beim Menschen ist es noch ein weiter Weg.

Weg in die klinische Anwendung: Marktreif in fünf bis sieben Jahren

Wie der Studienleiter erläutert, müssten die Antikörper zunächst humanisiert – also an den Menschen angepasst werden. Dann folgten weitere präklinische Sicherheits- und Wirksamkeitsstudien. Seien diese erfolgreich könnten – mit weiterer Unterstützung – in zwei bis drei Jahren klinische Studien starten. Bis zur Markteinführung schätzt Tabynov fünf bis sieben Jahre.

Tabynov betont: „Wir planen bereits diesen Übergang.“ Er hat bereits weitere Anwendungen im Blick: „In Zukunft könnten ähnliche Antikörper für andere wichtige Pollenallergene wie Ambrosia oder Gras entwickelt werden. Dies öffnet die Tür zu einer neuen Generation präziser Allergiebehandlungen, die schnell wirken, nadelfrei sind und auf die individuelle Allergieempfindlichkeit zugeschnitten sind.“ (ja/BIERMANN)