Mithilfe von Ultraschall trotz Brainshift präzise operieren

Chirurgen bei einer Gehirnoperation. (Quelle: © romaset – stock.adobe.com)

Die Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin e.V. (DEGUM) sieht im intraoperativen Ultraschall (IOUS) in der Neurochirurgie eine flexible und kosteneffiziente Alternative zur intraoperativen Magnetresonanztomographie (ioMRT), die derzeit als Standard gilt.

Die Operation von Hirntumoren ist eine besonders anspruchsvolle Aufgabe, da die Abgrenzung von Tumor- und gesundem Hirngewebe oft nur schwer erkennbar ist. Mithilfe von multimodaler präoperativer Bilddaten wie MRT, funktioneller Bildgebung, Faserbahndarstellung und Stoffwechselbildgebung erstellen Chirurgen im Vorfeld der Operation einen detaillierten Plan, der den Tumor sowie angrenzende Strukturen zeigt. Diese Navigationssysteme verlieren jedoch während des Eingriffs zunehmend an Genauigkeit, da das Gehirn durch Flüssigkeitsverlust, Tumorentfernung oder Lagerungsveränderungen seine Position verschiebt – ein Phänomen, das als „Brainshift“ bezeichnet wird. „Abweichungen von mehreren Zentimetern während der Operation sind keine Seltenheit. Das macht präoperative Bilddaten ungenau und erschwert eine exakte Tumorentfernung“, erklärt PD Dr. Maria Teresa Pedro, Oberärztin an der Klinik für Neurochirurgie, Bezirkskliniken Schwaben in Ulm.

IOUS: Echtzeitbilder statt teurer MRT-Bildgebung

Die intraoperative Magnetresonanztomographie (ioMRT) bietet zwar präzise Bilddaten, ist jedoch mit erheblichen Nachteilen verbunden. Die Geräte sind teuer in der Anschaffung und erfordern spezialisierte Operationssäle. Hinzu kommt ein erheblicher Zeitaufwand, da die Bildakquise während des Eingriffs Unterbrechungen erfordert, die die Operationsdauer verlängern. Für viele Kliniken ist eine MRT daher keine praktikable Option. „Der intraoperative Ultraschall hingegen ermöglicht uns, jederzeit neue Echtzeitbilder zu generieren, die den aktuellen Operationssitus abbilden. Das ist entscheidend, um auf Veränderungen wie den Brainshift reagieren zu können“, erklärt Pedro. „Darüber hinaus ist der Ultraschall flexibel einsetzbar, spart Zeit und Kosten und ist dabei strahlungsfrei.“

IOUS als unverzichtbares Werkzeug

Auch PD Dr. Christian Tesch, stellvertretender Leiter der DEGUM-Sektion Chirurgie, unterstreicht die Bedeutung des IOUS. „Der Ultraschall bietet Chirurgen die Möglichkeit, Tumorgewebe und gesundes Gewebe präzise zu unterscheiden – und das in Echtzeit. Durch die stetige Weiterentwicklung der Ultraschalltechnologie, insbesondere in der 3D-Bildgebung, hat sich der IOUS zu einem unverzichtbaren Werkzeug in der Neurochirurgie entwickelt“, erklärt Tesch. „Die Methode ist nicht nur sicher und effizient, sondern bietet auch erhebliche Vorteile gegenüber der MRT, insbesondere in Bezug auf Kosten und Verfügbarkeit.“

DEGUM setzt auf Ausbildung und Weiterentwicklung

Um den IOUS flächendeckend verfügbar zu machen, setzt sich die DEGUM für standardisierte Ausbildungsprogramme ein. „Eine fundierte Schulung ist essenziell, damit die Methode ihr volles Potenzial entfalten kann“, betont Tesch. Die DEGUM hat Weiterbildungskonzepte entwickelt und arbeitet daran, den IOUS in die medizinischen Leitlinien zu integrieren. Zudem sieht die DEGUM in der Künstlichen Intelligenz (KI) großes Potenzial. „Automatisierte Bildanalysen und die präzise Erkennung krankhafter Gewebestrukturen werden die Arbeit der Chirurgen unterstützen und die Sicherheit der Patientinnen und Patienten weiter erhöhen“, erklärt Tesch abschließend.