Mitochondrien übertragen Signale im Immun- und Nervensystem

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Forschende konnten zeigen, dass Mitochondrien eine wichtige Rolle bei Signalprozessen im angeborenen Immunsystem spielen. Sie regulieren einen Signalweg, der zur Ausschaltung von Krankheitserregern führt, aber bei zu langer Aktivierung zu chronischen Entzündungen.

Bestimmte Botenstoffe, aber auch sogenannte intrazelluläre Erreger wie Viren und einige Bakterien aktivieren den Transkriptionsfaktor NF-κB. Er reguliert die Expression verschiedener Gene. „Je nach auslösendem Stimulus und Zelltyp werden dadurch Zellen vor dem Zelltod geschützt und vermehrt solche Proteine hergestellt, die zur Eliminierung von Bakterien und Viren beitragen“, erläutert Prof. Konstanze Winklhofer an der Medizinischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum. Bei exzessiver und längerdauernder Aktivierung dieses eigentlich schützenden Signalweges kann es allerdings zu chronischen Entzündungen kommen. „Daher ist eine effiziente Regulierung dieser Signalprozesse von großer medizinischer Relevanz, um pathologische Prozesse infolge einer ineffizienten oder überschießenden NF-κB-Aktivierung zu vermeiden.“

Zwei Vorteile von Mitochondrien: Sie sind mobil und besitzen eine große Oberfläche

Die aktuelle Studie von Winkelhofers Team zeigt erstmals, dass Mitochondrien an der Regulation des NF-κB-Signalwegs beteiligt sind. Innerhalb weniger Minuten nach Aktivierung dieses Signalweges formiert sich ein Signalkomplex an der äußeren mitochondrialen Membran, der die Aktivierung von NF-κB bewerkstelligt. „Aufgrund der großen Oberfläche von Mitochondrien wird dadurch das Signal verstärkt“, erklärt Winklhofer. „Darüber hinaus haben Mitochondrien eine weitere Eigenschaft, die sie als Organellen für Signalweiterleitung prädestiniert: Sie sind mobil und können an Motorproteine in der Zelle andocken.“ Das Forschungsteam beobachtete, dass Mitochondrien den aktivierten Transkriptionsfaktor NF-κB in räumliche Nähe zu seinem Wirkort, dem Zellkern, transportieren und somit die Aufnahme in den Zellkern erleichtern.

Mitochondrien sind aber nicht nur an der effizienten Aktivierung des NF-κB-Signalweges beteiligt; sie tragen auch zur Abschaltung und somit Regulation des Signals bei. Dies wird gewährleistet durch ein Enzym an der äußeren Membran der Mitochondrien. Es macht eine Veränderung bestimmter Proteine, die für die Aktivierung notwendig ist, wieder rückgängig.

Warum Parkinson-Patienten für manche Infekte anfälliger sind

An der mitochondrialen Regulation des NF-κB-Signalweges sind zwei Gene beteiligt, deren Mutation zur Parkinson-Erkrankung führt: PINK1 und Parkin. „Unsere Daten erklären, warum ein Funktionsverlust von PINK1 oder Parkin zu vermehrtem Zelltod von Nervenzellen unter Stressbedingungen führt“, so Winklhofer. „Bemerkenswert ist der Befund, dass Parkinson-Patienten mit Mutationen im Parkin- oder PINK1-Gen anfälliger sind gegenüber verschiedenen Infektionen, die durch intrazelluläre Erreger ausgelöst werden. Somit tragen unsere Einblicke auch dazu bei, Schnittstellen zwischen dem Nervensystem und dem Immunsystem besser zu verstehen.“

Förderung: Die Arbeiten wurden gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft im Rahmen der Forschungsgruppe FOR 2848 und im Rahmen der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder im Exzellenzcluster Ruhr Explores Solvation RESOLV – EXC 2033 – 390677874 – sowie durch die Michael J. Fox Foundation for Parkinson’s Research.