Modulation des Fettstoffwechsels als Ansatzpunkt für die Traumatherapie11. Mai 2020 Dr. Sofia Meyer zu Reckendorf ist Erstautorin der in Nature Communications erschienenen Publikation. (Foto: Institut für Physiologische Chemie) Im Gegensatz zu Menschen erfolgt die Nervenregeneration bei Nagern deutlich schneller und oft auch vollständig. Welche biologischen Vorgänge diesen verschiedenen Heilungschancen zugrundeliegen, haben Forscher der Universität Ulm untersucht. Schädigungen im peripheren Nervensystem regenerieren sich nur langsam und begrenzt: Oft bleiben bei entsprechenden TraumapatientInnen Empfindungsstörungen, Nervenschmerzen oder sogar Lähmungen zurück. Schneller und vollständiger läuft der Heilungsprozess dagegen bei Mäusen mit Nervenverletzungen ab. Erstmals haben Forschende vom Institut für Physiologische Chemie der Universität Ulm in Patientenproben und im Mausmodell nach zellulären und molekularen Ursachen für das dermaßen unterschiedliche Regenerationspotenzial gesucht. Ausgerechnet im Fettstoffwechsel der Nerven wurden sie fündig – und konnten sogar einen neuen Ansatzpunkt für die Traumatherapie identifizieren. Um Reparaturvorgänge bei beiden Spezies vergleichen zu können, haben die Forschenden um Dr. Sofia Meyer zu Reckendorf und Prof. Bernd Knöll ein neues Modell für Nervenverletzungen entwickelt. Neben einem Mausmodell stand ihnen dafür seltenes Patientenmaterial zur Verfügung, das bei Operationen der Ulmer Universitätsklinik für Neurochirurgie angefallen war. Die aus Mensch oder Maus gewonnenen Nervenproben wurden im Anschluss primär auf Veränderungen der Schwannschen Zellen untersucht. Anhand dieser Gliazellen konnten die Forschenden die zellulären und molekularen Verletzungsreaktionen zu verschiedenen Zeitpunkten nach einem Trauma nachvollziehen. Dabei kamen mehrere molekularbiologische Methoden zum Einsatz – von der Genexpressionsanalyse bis zur Untersuchung des Lipidoms. Insgesamt konnten die WissenschaftlerInnen zeigen, dass zahlreiche Prozesse der Nervenregeneration bei Mensch und Maus quasi identisch ablaufen. Sie sind also evolutionär konserviert. Große Unterschiede gibt es allerdings beim Fettstoffwechsel der Nerven: „Werden periphere Nerven der Maus verletzt, kommt es zu einer umgehenden Umstellung des Fettstoffwechsels. Dies versetzt den Nerv in einen pro-regenerativen Zustand, in dem das Reparaturprogramm des Nagers anläuft“, erklärt Meyer zu Reckendorf. Beim Menschen hingegen bleibt der Fettstoffwechsel in den Schwann-Zellen nach einem solchen Trauma nahezu unverändert, was die eingeschränkte Regenerationsfähigkeit erklären könnte. Ein weiterer wichtiger Störfaktor des Heilungsprozesses menschlicher Nerven scheint ein fortgeschrittenes Alter zu sein. Zugelassene Medikamente zur Beeinflussung des Fettstoffwechsels gibt es bereits – zum Beispiel für Diabetespatienten. Und tatsächlich ist es den Forschern durch eine medikamentöse Manipulation des Fettstoffwechsels gelungen, menschliche Nerven in den Reparaturmodus zu versetzen und dieses Reparaturprogramm auch wieder zu beenden. Die Studie zeigt jedoch nicht nur neue therapeutische Ansatzpunkte bei Nervenschädigungen auf. Den WissenschaftlerInnen ist es zudem gelungen, ein neues Verletzungsmodell zu etablieren und zu zeigen, dass wesentliche Regenerationsprozesse bei Mensch und Maus gleich ablaufen. „Dieses Ergebnis untermauert die hohe Übertragbarkeit von Forschungsergebnissen von der Maus auf den Menschen“, erklärt Knöll vom Institut für Physiologische Chemie der Universität Ulm. Originalpublikation: Meyer zu Reckendorf S. Lipid metabolism adaptations are reduced in human compared to murine Schwann cells following injury. Nat Commun 2020;11:2123.
Mehr erfahren zu: "Unfallchirurgen sehen zivile Kliniken in einer zentralen Rolle im Bündnisfall" Unfallchirurgen sehen zivile Kliniken in einer zentralen Rolle im Bündnisfall Auf ihrer 5. Notfallkonferenz in Magdeburg hat die Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) die Schlüsselrolle der Unfallchirurgie im Verteidigungs- und Bündnisfall hervorgehoben. Die zivilen Kliniken im TraumaNetzwerk DGU® bildeten dabei […]
Mehr erfahren zu: "Wie zuverlässig ist Neurofilament Light Chain als Biomarker?" Wie zuverlässig ist Neurofilament Light Chain als Biomarker? Eine Pilotstudie im Rahmen eines externen Qualitätssicherungsprogramms hat die analytische Variabilität von Neurofilament-Light-Chain(NfL)-Messungen untersucht. Die Ergebnisse, die auf dem DKLM-Kongress im Oktober offiziell vorgestellt werden, verdeutlichen, dass NfL-Werte zwischen Plattformen […]
Mehr erfahren zu: "Zweites Alzheimer-Medikament in der EU zugelassen" Weiterlesen nach Anmeldung Zweites Alzheimer-Medikament in der EU zugelassen Die Europäische Kommission hat mit Donanemab das zweite Anitkörper-Medikament in der EU zugelassen. Es kann den Krankheitsverlauf im frühen Stadium moderat verlangsamen und unterscheidet sich von Lecanemab durch eine zeitlich […]