Molekularer Blick auf die Mechanismen hinter den Pigmentierungsvariationen

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Forschende der University of Pennsylvania haben wichtige Erkenntnisse über die molekularen Grundlagen der Variationen der Hautfarbe in afrikanischen Populationen gewonnen. Ihre in Nature Genetics veröffentlichten Ergebnisse erweitern das Verständnis der menschlichen Evolution und der genetischen Grundlagen für die heutige Vielfalt der Hautfarbe.

„Trotz der großen genetischen Vielfalt innerhalb afrikanischer Populationen waren diese in der Vergangenheit in genetischen Studien unterrepräsentiert“, so die Hauptautorin Sarah Tishkoff, Professorin an der University of Pennsylvania, USA. „Unsere Ergebnisse liefern neue Informationen über die genetischen Grundlagen und die Evolutionsgeschichte der Hautfarbenvielfalt und tragen damit zu einer klareren Darstellung der menschlichen Evolution bei.“

Tishkoff stellt fest, dass die Hautfarbe unter den vielen Anpassungsmerkmalen eines der bekanntesten ist. Dunklere Hauttöne, wie sie in äquatorialen Regionen vorherrschen, dienen als natürlicher Sonnenschutz, der sich im Laufe der Jahrtausende entwickelt hat, um diese Völker vor der intensiven ultravioletten Strahlung der Sonne zu schützen. Umgekehrt ist eine hellere Pigmentierung, wie sie bei Völkern in Polnähe anzutreffen ist, eine Anpassung, um die Risiken einer unzureichenden Sonnenexposition zu mindern, indem die Vitamin-D-Produktion maximiert wird, die durch UV-Strahlung ausgelöst wird.

„Unser Ansatz umfasste genomweite Assoziationsstudien der Hautfarbe von mehr als 1.500 Personen aus dem östlichen und südlichen Afrika sowie das Scannen des Genoms, um genetische Varianten zu identifizieren, die sich stark zwischen der leicht pigmentierten Khoesan-sprechenden San-Bevölkerung und anderen dunkel pigmentierten Afrikanern unterscheiden und möglicherweise eine Rolle bei der lokalen Anpassung in dieser Bevölkerung spielen“, sagte Yuanqing Feng, Erstautor der Studie und Postdoktorand im Tishkoff-Labor.

Komplexe Rolle nicht kodierender Regionen

Die Forschenden stellen fest, dass die Pigmentierung ein komplexes Merkmal ist, das von Hunderten Varianten beeinflusst wird, die über das gesamte Genom verstreut sind, wobei sich die meisten in nicht kodierenden Regionen befinden. Diese nicht kodierenden Varianten können die Expression von Genen beeinflussen, die bis zu einer Million Basen entfernt sind. Die große Anzahl von Mutationen, die mit der Hautfarbe in Verbindung gebracht werden, und die Ungewissheit über die Zielgene, die durch diese Mutationen reguliert werden, machen es für die Forschenden besonders schwierig, die genauen genetischen Mechanismen zu finden, die dieses Merkmal steuern.

Feng und seine Mitarbeitenden verwendeten Massively Parallel Reporter Assays (MPRA), um die regulatorischen Aktivitäten Tausender Varianten zu erkennen. Mit dieser Technik konnten die vielen Kandidaten auf 165 funktionelle Varianten eingegrenzt werden. Um die Zielgene dieser funktionellen Varianten zu identifizieren, erstellte Feng außerdem hochauflösende Chromatin-Interaktionskarten in melanozytären Zellen. „Dies ist eine hochauflösende 3D-Genomkarte in Melanomzellen, die für Studien zur Genregulation in der Pigmentierung und Melanombiologie wertvoll sein wird“, sagte Feng.

Kontinuierliche Entwicklung der menschlichen Hautfarbe

Mithilfe von CRISPR/Cas9-basiertem Genome Editing entdeckten die Forschenden, dass Mutationen in einem Enhancer von OCA2, einem mit Albinismus assoziierten Gen, im Vergleich zu Kontrollzellen zu einer 75%igen Verringerung des Melaninspiegels führen können. Innerhalb desselben OCA2-Enhancers identifizierten sie zwei eng beieinander liegende regulatorische Varianten, die schätzungsweise 1,2 Millionen Jahre und 57.000 Jahre alt sind, wobei letztere mit der Zeit der menschlichen Migration aus Afrika zusammenfällt. „Dieser Fall veranschaulicht die kontinuierliche Entwicklung der menschlichen Hautfarbe, und es ist bemerkenswert zu beobachten, welche signifikanten Auswirkungen auf die Hautpigmentierung ein einziger Enhancer hat“, so Feng.

Die San haben im Vergleich zu anderen afrikanischen Populationen eine relativ helle Pigmentierung und besitzen die ältesten genetischen Linien des Menschen. Es wird zwar vermutet, dass die helle Hautfarbe der San auf die Anpassung an die Umwelt im südlichen Afrika zurückzuführen ist, doch die genetischen Grundlagen dieser Anpassung sind nach wie vor nicht klar. Die Forschenden haben mehrere entscheidende regulatorische Varianten in der Nähe von MITF, LEF1 und TRPS1 identifiziert, die zu der bei den San beobachteten Anpassung an die Hautfarbe beitragen.

Anpassung an UV-Exposition

„MITF, LEF1 und TRPS1 sind an Signalwegen beteiligt, die sowohl die Melanozytendifferenzierung als auch die Haarentwicklung regulieren“, sagte Tishkoff. „Dies lässt vermuten, dass die Varianten, die für die hellere Hautpigmentierung bei den San-Leuten verantwortlich sind, auch zu ihrer besonderen Haarmorphologie beitragen können. Bemerkenswert ist, dass die Variante in der Nähe von TRPS1, die mit einer helleren Hautfarbe assoziiert ist, bei den San und den meisten Nicht-Afrikanern mit einer Häufigkeit von nahezu 100 Prozent vorkommt, während die Variante, die mit einer dunkleren Hautfarbe assoziiert ist, in den meisten anderen afrikanischen Populationen und in der dunkel pigmentierten melanesischen Bevölkerung verbreitet ist – ein bemerkenswertes Beispiel für globale Anpassungen an die UV-Exposition.“

Neues Gen für die Hautpigmentierung entdeckt

Darüber hinaus entdeckten die Forschenden ein neues Gen, das sich auf die Pigmentierung der menschlichen Haut auswirkt: CYB561A3, das die Eisenhomöostase reguliert und den Melaninspiegel in melanozytären Zellen beeinflusst. „Unseres Wissens wurde über die Rolle von CYB561A3 bei der Hautpigmentierung bisher noch nicht berichtet. Interessanterweise gibt es Berichte, die intravenöse Eiseninfusionen mit Hyperpigmentierung der Haut in Verbindung bringen. Angesichts der Tatsache, dass CYB561A3 für eine Eisenreduktase kodiert, bin ich neugierig auf die Rolle dieses Proteins in diesem Prozess“, sagte Tishkoff.

„Unsere Ergebnisse unterstreichen die Komplexität der genetischen Faktoren, die die Hautfarbe beeinflussen, und die Vorteile der Einbeziehung ethnisch unterschiedlicher und unterrepräsentierter Bevölkerungsgruppen in genetische Studien“, so Tishkoff. Die Durchführung funktioneller Studien über die Auswirkungen nicht kodierender Varianten werde das Verständnis der Genetik, die komplexen menschlichen Merkmalen und Krankheitsrisiken zugrunde liegt, verbessern.