Morbus Fabry: Multisystemerkrankung mit vielen Fragen14. Juni 2022 Illustration.©Universitätsklinikum Würzburg Ende Mai 2022 fand in Würzburg ein internationaler Kongress über die seltene Fabry-Erkrankung statt. Die X-chromosomal vererbte Multisystemerkrankung erfordert einen interdisziplinären und interprofessionellen Ansatz, der im Fabry-Zentrum in Würzburg, seit mehr als 20 Jahren intensiv gelebt wird. Beim 7th Update on Fabry Disease tauschten sich namhafte Fachleute sowie Behandelnde der Fabry-Krankheit aus der ganzen Welt über jüngste wissenschaftliche Erkenntnisse aus. Der Schwerpunkt lag auf neuen Behandlungsansätzen, Ausgangsmerkmalen, die das patientenindividuelle Ansprechen auf die Behandlung von Morbus Fabry bestimmen und Antikörper-Interaktionen mit der sogenannten infundierten Enzymersatztherapie.Die lysosomale Speichererkrankung Morbus Fabry wird über ein fehlerhaftes Gen, das GLA-Gen, hervorgerufen. Die Mutationen haben zur Folge, dass dem Körper das lebenswichtige Enzym alpha-Galaktosidase A teilweise oder gänzlich fehlt. Dadurch können wiederum die sogenannten Glykosphingolipide nicht genügend abgebaut werden, die Fettsubstanzen reichern sich in verschiedenen Zellen im gesamten Körper an und schädigen das Gewebe und wichtige Organe, vor allem die Nieren und das Herz, aber auch das Gehirn.Interdisziplinäre Forschung und BehandlungFür diese Trias Niere, Herz und Nervensystem steht im Würzburger Fabry-Zentrum für interdisziplinäre Therapie ein exzellentes Forschungs- und Behandlungsteam zur Verfügung. Prof. Dr. med. Christoph Wanner, Leiter der Nephrologie in der Medizinischen Klinik und Poliklinik I, gründete das Zentrum bereits im Jahr 2001, wenig später kam die Kardiologie mit Privatdozent Dr. Peter Nordbeck hinzu. Und inzwischen ist auch die Neurologie mit Prof. Dr. Claudia Sommer und Prof. Dr. Nurcan Üçeyler stark eingebunden. Weitere Expertise kommt aus zahlreichen Fachabteilungen der Uniklinik wie der Kinderklinik, Radiologie, kardiovaskulären Genetik, HNO sowie Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie aber auch aus den Instituten für Humangenetik und Pathologie der Julius-Maximilians-Universität Würzburg.„Diese X-chromosomal vererbte Multisystemerkrankung erfordert einen interdisziplinären und interprofessionellen Ansatz, den wir hier in Würzburg intensiv leben“, betont Christoph Wanner. „Wir können in kurzer Zeit ein umfassendes Diagnostikprogramm durchführen und zeitnah individualisierte Therapien anbieten.“Das Würzburger Fabry-Zentrum ist das größte in Deutschland. In seiner Spezialambulanz werden aktuell 200 Erwachsene und Kinder betreut. Viele der Patientinnen und Patienten nehmen an Studien teil. So wurden in der Beobachtungsstudie seit Zentrumsgründung im Jahr 2001 die Krankheitsverläufe von 400 Betroffenen analysiert. Die krankheitsbezogenen Daten fließen sowohl in die interne Datenbank als auch in internationale Register wie etwa das weltweite Fabry Registry, welches von Würzburg aus mit geleitet wird. So werden bei dieser sehr seltenen Erkrankungen Informationen zusammengetragen, die verlässliche Aussagen über den Krankheitsverlauf der Krankheit und den Erfolg der Behandlungen ermöglichen.Portfolio der Würzburger NeurologieFür die Neurologie ist Morbus Fabry eine besonders wichtige Erkrankung, da sie das periphere und zentrale Nervensystem betreffen kann. Die neurologischen Hauptsymptome sind wiederkehrende Schlaganfälle und Schmerzen. Insbesondere die mit Morbus Fabry assoziierten Schmerzen, die bereits in der Kindheit eintreten, sowie die mit der Erkrankung einhergehende Kleinfaserneuropathie werden seit mehr als zehn Jahren in der Neurologischen Klinik am Uniklinikum Würzburg umfangreich untersucht. Nurcan Üçeyler, Heisenberg-Professorin und Prodekanin der Medizinischen Fakultät nennt Beispiele: „So wird die Pathophysiologie von Schmerz und Neuropathie im Mausmodell beforscht, und durch die Etablierung patienteneigener Zellkultursysteme basierend auf induzierten pluripotenten Stammzellen können wir genuine translationale Forschung betreiben. Dieses umfangreiche Portfolio über anspruchsvolle klinische Forschung, Forschung im Tiermodell und an patienteneigenen Körperzellen zum Thema Neurologie und Morbus Fabry hat Alleinstellungscharakter.“Morbus Fabry als kardiale Modell-ErkrankungAus Sicht der Kardiologie liegt ein aktueller Hauptfokus der Forschung vor allem auf der genaueren Charakterisierung der Pathophysiologie, also der Krankheitsentstehung, und der dadurch bedingten klinischen Ausprägung der Erkrankung. Morbus Fabry hat sowohl hinsichtlich der Diagnostik als auch in Bezug auf die Weiterentwicklung neuer Therapiekonzepte Modellcharakter. Kürzlich konnten unter anderem neue Bildgebungstechniken entwickelt werden, die nicht nur für die Diagnostik der Fabry-Erkrankung vielversprechend sind. Gleiches gilt für die Therapie: „Die erfolgreiche Einführung neuer Therapieansätze wie der sogenannten Chaperon-Therapie bedeuten für eine große Zahl herzkranker Patientinnen und Patienten in Deutschland und weltweit eine enorme Chance, da gerade im Bereich von Herzmuskelschwäche, die aus einer Verdickung des Herzmuskels resultiert, bisher kaum wirksame Behandlungsmöglichkeiten verfügbar waren“, erklärt Privatdozent Dr. Peter Nordbeck.Suche nach geeignete GentherapienNeben der noch relativ neuen Chaperon-Therapie ist die infundierte Enzymersatztherapie aktuell die einzige Therapie, die den Betroffenen zur Verfügung steht. Dabei wird den Patienten alle 14 Tage ein bestimmtes Enzym über eine Infusion in die Vene verabreicht. „Das ist zeitaufwändig und kann das natürliche Enzym immer noch nicht zu hundert Prozent ersetzen“, bemerkt Christoph Wanner. „Wir arbeiten mit Hochdruck mit an klinischen Studien zu geeigneten Gentherapien. […] Es wird spannend.“ Originalpublikation:Warnock D G et al 7th Update on Fabry Disease: Biomarkers, Progression and Treatment Opportunities in 2022. Nephron (2022) https://doi.org/10.1159/000524933
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