Morbus Krabbe: Neuronen führen ihre eigene Zerstörung herbei

Dr. Daesung Shin (l.) und Jacob Favret, Doktorand an der Universität Buffalo, diskutieren über die Neurodegeneration im Modell der neuronenspezifischen Krabbe-Krankheit. (Foto: © Daesung Shin)

Der Gendefekt, welcher der Krabbe-Krankheit zugrunde liegt, verursacht direkt die Degeneration von Nervenzellen, unabhängig von seinen Auswirkungen auf andere Zelltypen. Dies geht aus einer neuer Studie der Universität Buffalo (USA) hervor.

Morbus Krabbe ist eine seltene, autosomal-rezessiv vererbte, neurodegenerative Erkrankung, die durch Mutationen im Galaktosylceramidase(GALC)-Gen verursacht wird. GALC ist ein Enzym, das in den Lysosomen aktiv ist und dessen Fehlen zu einer Anhäufung des Lipids Psychosin führt. Die Anhäufung von Psychosin im Gehirn und anderen Organen löst eine Destabilisierung der Zellmembranen, Degeneration und Zelltod aus. Der Verlust der Myelinschicht um die Nerven ist ein wesentliches pathologisches Merkmal der Krabbe-Krankheit, und die Oligodendrozyten, die das Myelin bilden, galten bisher als die treibende Kraft des Krankheitsprozesses, während die Degeneration der Neuronen als sekundäre Folge dieses Myelinverlustes eingestuft wurde.

Neuere Erkenntnisse deuteten darauf hin, dass Neuronen unabhängig vom Myelinverlust betroffen sein könnten, allerdings war diese Hypothese bisher schwer zu testen, da GALC im Gehirn ubiquitär exprimiert wird und sein krankheitsbedingter Verlust in allen Zelltypen auftritt. Um dieses Hindernis zu überwinden, schufen Daesung Shin und Kollegen ein Mausmodell, bei dem die GALC-Expression nur in den Neuronen ausgeschaltet wurde, während die Aktivität des normalen Gens anderswo erhalten blieb.

So stellten die Forscher fest, dass sich Psychosin in den Neuronen anreicherte, was zu abnorm geformten Lysosomen, geschwollenen Axonen und vermehrtem Absterben von Neuronen führte – kombiniert mit Neuroinflammation und Defiziten in der motorischen Fähigkeit und Koordination der Mäuse. Es kam zwar nicht zum Verlust von Oligodendrozyten, aber die fehlende neuronale GALC-Expression führte zu einer Verringerung der Myelinisierung, vermutlich durch toxische Wirkungen auf die Myelinscheiden durch das angesammelte Psychosin.

“Unsere Ergebnisse zeigen zum ersten Mal, dass die neuronale Expression von Galactosylceramidase für die Aufrechterhaltung und den Schutz der neuronalen Funktion unerlässlich ist, unabhängig von ihren Auswirkungen auf die Myelin produzierenden Oligodendrozyten”, sagte Shin. “Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass das Fehlen des Enzyms in den Neuronen direkt zur Pathogenese der Krabbe-Krankheit beiträgt und dass Therapien für diese Krankheit möglicherweise auf die fehlende neuronale Expression von Galaktosylceramidase abzielen müssen, um vollständig wirksam zu sein.”

Der Wissenschaftler fügte hinzu: “Unsere Studie ist der erste Versuch, die neuronale Rolle des Morbus-Krabbe-Gens direkt in einem präklinischen lebenden Tiermodell zu untersuchen. Durch die Erzeugung einer neuronenspezifischen Mutante der Krabbe-Krankheit haben wir eine intrinsische neuronale Rolle für dieses Enzym gefunden, was darauf hindeutet, dass die neuronale Galaktosylceramidase unabhängig von Myelin und anderen Gehirnzelltypen eine primäre Rolle in der neuronalen Homöostase spielt und somit Galaktosylceramidase-depletierte Neuronen primär zur Krabbe-Krankheit beitragen könnten. Da die schützende Rolle der neuronalen Galaktosylceramidase auf eine neuartige Funktion hindeutet, die nichts mit ihrer kanonischen Rolle bei der Myelinisierung zu tun hat, würde eine Erhöhung der Galaktosylceramidase in den Neuronen wahrscheinlich die Wirksamkeit therapeutischer Interventionen bei der Krabbe-Krankheit verbessern.”