Motoneuron-Erkrankungen: Störung an den Synapsen?

Modellhafte Darstellung eines Motoneurons (Foto: © 7activestudio – Fotolia.com)

Für Motoneuron-Erkrankungen beschreibt ein Würzburger Forschungsteam einen bislang unbekannten Krankheitsmechanismus. Das sollte bei der Entwicklung von Medikamenten zu einem Umdenken führen.


„Bei der Entwicklung neuer Medikamente gegen Motoneuron-Erkrankungen liegt das Hauptaugenmerk bislang auf der Verhinderung von Zelltodmechanismen und auf dem Abbau von Protein-Ansammlungen in den betroffenen Nervenzellen“, sagte Prof. Michael Sendtner, Leiter des Instituts für Klinische Neurobiologie am Würzburger Universitätsklinikum.

Jetzt aber haben Sendtner und sein Mitarbeiter Patrick Lüningschrör mit ihrem Team ein weiteres Ziel identifiziert, das als Angriffspunkt für Medikamente in Frage kommt: Es ist der komplexe Prozess der Autophagie. Dieser Prozess sorgt im Normalfall dafür, dass die Impulsübertragung zwischen Motoneuronen und Muskeln dauerhaft funktioniert.

Anhäufung von Vesikeln an den Synapsen

Ausgangspunkt für die neue Erkenntnis war das PLEKHG5-Gen. Bekannt ist, dass Mutationen in diesem Gen verschiedene Formen von Motoneuron-Erkrankungen auslösen können. Die Würzburger fanden nun heraus, dass dieses Gen immens wichtig für die Autophagie ist: Es steuert an den Synapsen den Abbau der Vesikel, die mit dem Botenstoff Acetylcholin gefüllt sind und die Erregung vom Nerven zu den Muskeln transportieren.

Wird das PLEKHG5-Gen an einzelnen Motoneuronen in Zellkultur ausgeschaltet, verringert sich die Autophagie und es kommt zur Anhäufung der synaptischen Vesikel. Und bei Mäusen führt die Inaktivierung des Gens zu einer Motoneuron-Erkrankung mit einer ebenfalls massiven Akkumulation der Vesikel.

Konsequenzen für die Entwicklung von Medikamenten

„Die Befunde liefern einen wichtigen Beweis dafür, dass eine gestörte Autophagie eine zentrale Rolle in der Entstehung von Motoneuron-Erkrankungen spielt“, sagte Sendtner. Diese neue Erkenntnis müsse zu einem Umdenken bei der Entwicklung neuer Medikamente führen. Gefragt seien nun auch Wirkstoffe, die eine Anhäufung von Vesikeln verhindern oder verringern.

Literatur:
Lüningschrör P et al: Nature Communications, 30. Oktober 2017