MPN: Neue Erkenntnisse zum Wirkmechanismus von HDAC-Inhibitoren

Myeloproliferative Neoplasien (MPN) gehören zu den chronischen Blutkrebsformen und können eine Verwucherung des Knochenmarks zur Folge haben. Symbolbild: luchschenF/stock.adobe.com

Forschende der Universitätsmedizin Mainz haben einen bisher unbekannten Mechanismus aufgedeckt, über den Histon-Deacetylase (HDAC)-Inhibitoren den Tod von bösartigen Zellen bei Myeloproliferativen Neoplasien (MPN) herbeiführen. Die Erkenntnisse könnten neue Therapiemöglichkeiten eröffnen.

Für die Behandlung von Myeloproliferativen Neoplasien (MPN) werden aktuell in klinischen Studien Medikamente erprobt, die gezielt Enzyme der Histon-Deacetylase (HDAC)-Familie blockieren. Diese HDAC-Inhibitoren oder HDAC-Hemmer bewirken ein Absterben der Krebszellen. Bisher war jedoch nicht bekannt, welcher exakte molekulare Mechanismus der Wirksamkeit von HDAC-Hemmern bei MPN zugrunde liegt.

Forschende der Universitätsmedizin Mainz haben jetzt bei Untersuchungen im Zell- und Tiermodell herausgefunden, dass das Protein SIAH2 (Seven-In-Absentia Homolog 2) dabei eine wichtige Rolle spielt. SIAH2 – eine Ubiquitin-Ligase – hilft dabei, bestimmte Zielproteine, die beschädigt sind oder nicht mehr benötigt werden, für den proteasomalen Abbau in der Zelle zu markieren (Ubiquitinierung).

Gezielter Abbau von JAK2

Myeloproliferative Neoplasien (MPN) gehören zu den chronischen Blutkrebsformen, die in der Regel langsam fortschreiten, aber auch in eine akute myeloische Leukämie (AML) übergehen können. Ursächlich für MPN sind Mutationen im Blutbildungssystem, wie beispielsweise eine Mutation in der Januskinase (JAK)-2. Diese Mutation führt zu einer dauerhaften Aktivierung des Proteins und über den STAT-Signalweg (Signal-Transducer-and-Activator-of-Transcription) zu einer übermäßigen Anregung von Entzündungsprozessen und der Hämatopoese.

Das Team um Erstautor Dr. Al-Hassan Mustafa und Seniorautor Prof. Oliver Krämer vom Institut für Toxikologie der Universitätsmedizin Mainz hat nun gezeigt, dass HDAC-Inhibitoren über SIAH2 den gezielten Abbau von JAK2 in diesen Zellen fördern. Die Acetylierung eines Proteins beeinflusst unter anderem, wie aktiv das Protein ist und kann durch HDAC-Inhibitoren ausgelöst werden. Blockierten die Forschenden die Funktion von HDAC1/HDAC2 durch einen HDAC-Hemmer, stieg folglich die Acetylierung und damit die Menge an aktivem SIAH2.

Neue Impulse für Therapien und weitere Forschung

Diese Stabilisation von SIAH2 führte anschließend zum gezielten Abbau von überaktiviertem JAK2 und damit selektiv zum Tod der MPN-Zellen. Krämer betont: „Wir konnten zeigen, dass die Hemmung von HDAC1/HDAC2 […] zum Absterben der Tumorzellen führt, während normale Stammzellen verschont bleiben. Unsere Forschungsergebnisse könnten damit zur Entwicklung und Anwendung schonenderer Therapien für MPN-Betroffene beitragen.“

Gleichzeitig bieten die Erkenntnisse einen neuen therapeutischen Ansatz, um das Fortschreiten dieser Blutkrebsform zu AML oder eines verwuchernden Knochenmarks zu verhindern, so Krämer. Außerdem liefere die Arbeit ein Beispiel dafür, wie tumorfördernde Signalwege durch epigenetische Enzyme kontrolliert werden, ohne die DNA-Sequenz zu verändern. Das setze Impulse für die weitere Forschung.

Für die jetzt veröffentlichte Studie arbeitete das Forschungsteam aus verschiedenen Einrichtungen der Universitätsmedizin Mainz mit Partnern aus Hannover (Medizinische Hochschule Hannover) und Mainz (Institut für Molekulare Biologie) zusammen. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Signal Transduction and Targeted Therapy“ veröffentlicht.

(mkl/BIERMANN)