Münsteraner Studie zeigt Nutzen der Testosteronersatztherapie bei altersbedingtem funktionalen Hypogonadismus

„Vor allem Männer mit funktionellem Hypogonadismus – in der Regel assoziiert mit starkem Übergewicht und höherem Alter – profitierten von der TRT“, sagt DGMG-Präsident Frank Sommer. Foto: Schmitz

Eine aktuelle Studie aus Münster zeigt, dass die Testosterontherapie (Testosteron Replacement Therapie, TRT) auch für Männer mit altersbedingtem funktionalen Hypogonadismus einen Nutzen hat. Darauf weist die Deutsche Gesellschaft für Mann und Gesundheit (DGMG) in einer aktuellen Mitteilung hin.

Ziel der Untersuchung mit einer Studiendauer von neun Jahren war es, die Wirkung einer TRT bei Männern mit unterschiedlichen Diagnosen des Hypogonadismus aufzuzeigen. Dafür erhielten 650 Männer (Altersspanne 18-76 Jahre) mit klassischem und funktionellem Hypogonadismus über mindestens ein Jahr in Dreimonatsintervallen eine Injektion mit 1000 mg Testosteronundecanoat.

Umfassende Untersuchung

Zu den Einschlusskriterien zählten zudem eine mindestens zweimal gemessene Gesamttestosteronkonzentration <12 nmol/l oder eine mindestens zweimal gemessene Konzentration des freien Testosterons im Serum von <240 pmol/l sowie mindestens zwei Symptome des Hypogonadismus.

Ausschlusskriterien waren die Einnahme von blutdrucksenkenden oder antidiabetischen Wirkstoffen, um eine klare Analyse bezüglich des potenziellen Einflusses von Testosteron auf Blutdruck und Glukosemetabolismus zu ermöglichen. Darüber hinaus wurden für die Auswertung der langfristigen Effekte der TRT neben dem Body Mass Index (BMI), dem Körpergewicht, dem Taillenumfang sowie dem systolischen und diastolischen Blutdruck regelmäßig folgende Parameter untersucht: Testosteron-Gesamtkonzentration im Plasma, Sexualhormonbindendes Globulin (SHBG), freies Testosteron, Hämoglobin, Hämatokrit, Nüchternglukose, Gesamtcholesterin, LDL, HDL, Triglyzeride und PSA.

Positive Effekte durch TRT

„Die Münsteraner Studie zeigt, dass sich durch die TRT Gewicht, Bauchumfang und BMI verringerten – unabhängig davon, ob der Hypogonadismus als primäre, sekundäre oder funktionale Erkrankung klassifiziert war“, sagt Prof. Frank Sommer, Männerarzt und Präsident der DGMG. „Vor allem Männer mit funktionellem Hypogonadismus – in der Regel assoziiert mit starkem Übergewicht und höherem Alter – profitierten von der TRT“, so Sommer. Diese Gruppe verlor im Vergleich zu Männern mit klassischem Hypogonadismus um bis zu 10% mehr an Körpergewicht und um bis zu 5% mehr an Bauchumfang.

Als Prädiktoren für einen starken Behandlungseffekt wurden individuelle Kriterien ausgemacht: höheres Ausgangsgewicht, größerer Bauchumfang, starke Veränderungen des Testosteronspiegels und eine lange Dauer der Testosterontherapie.

Diese Aspekte sowie ein höheres Ausgangsalter und ein höherer Ausgangstestosteronspiegel waren auch Prädiktoren für Hämatokrit >50% und >54%. Unter der TRT wurde eine Erhöhung der Hämoglobin- und Hämatokritwerte festgestellt – ohne signifikante Unterschiede zwischen den Hypogonadismus-Typen. Die Durchschnittswerte blieben im physiologischen Bereich.

Bestätigung vorheriger Studie

Unter der TRT wurde auch eine Verbesserung des anämischen Zustands (Hb <12,7 g/dl) bei 98 von 131 Patienten, insbesondere bei Männern mit funktionellem Hypogonadismus, beobachtet. Hier waren das Alter, der Bauchumfang und Veränderungen der Testosteronspiegel signifikante Prädiktoren.

Diese Ergebnisse stimmen mit denen der TRAVERSE-Anämie-Studie überein, wonach sowohl die Wahrscheinlichkeit für die Verbesserung der Anämie als auch die des Nicht-Auftretens einer Anämie im Sinne einer Prävention in der Testosteron-Gruppe größer war als in der Placebo-Gruppe.

„Zu guter Letzt kam es in allen Hypogonadismus-Gruppen während der Therapie zu deutlichen Effekten auf metabolische Parameter“, fasst PD Dr. med. Tobias Jäger, Urologe und DGMG-Vorstandsmitglied, zusammen. Dazu zählen eine Reduktion von Gesamtcholesterin, LDL-Cholesterin und Triglyzeriden, ein leichter Anstieg von HDL-Cholesterin, eine Verringerung der Nüchternglukosewerte und eine Abnahme von systolischem und diastolischem Blutdruck. Besonders deutlich seien diese Effekte bei Männern mit funktionalem Hypogonadismus ausgefallen.

Die US-amerikanische Zulassungsbehörde FDA empfiehlt eine TRT bisher nur für Männer mit einem primären oder sekundären Hypogonadismus. Ein Nutzen der TRT für Männer mit altersbedingtem funktionalen Hypogonadismus wird nicht benannt. Das dies aber der Fall sein sollte, belegen aktuelle Daten einer Real-World-Register-Studie aus Münster. Nach Ansicht der DGMG müssten die die FDA-Empfehlungen aufgrund der Daten der Münsteraner Studie überdacht werden.

(DGMG/ms)