Mukoviszidose: Pankreas-Organoid-Modell untersucht molekulare Mechanismen der Krankheitsentstehung

Markus Breunig forscht zur Krankheitsentstehung in der Bauchspeicheldrüse von Menschen mit Mukoviszidose. (Foto: © Mukoviszidose e.V.)

Mithilfe eines neuen Pankreas-Organoid-Modells erforscht die Arbeitsgruppe um Jun.-Prof. Markus Breunig (Universitätsklinikum Ulm) die molekularen Mechanismen der Entstehung von Mukoviszidose.

Rund 80 Prozent der Menschen mit Mukoviszidose haben eine Pankreasinsuffizienz und dadurch zu wenig oder keine Verdauungsenzyme. Folgen sind gastrointestinale Probleme wie Bauchschmerzen, Durchfälle, Gewichtsverlust und Nährstoffmangel. Die Pankreasinsuffizienz erfordert eine lebenslange Einnahme von Enzympräparaten zu den Mahlzeiten. Neben dieser exokrinen Fehlfunktion der Bauchspeicheldrüse entwickeln rund die Hälfte aller Mukoviszidose-Betroffenen mit steigendem Lebensalter auch einen CF-assoziierten Diabetes mellitus (engl.: Cystic fibrosis related diabetes – CFRD), der meist mit Insulingaben behandelt werden muss. 

Um neue, Mukoviszidose-spezifische Therapieansätze für diese Symptome entwickeln zu können, braucht es ein besseres Verständnis der Krankheitsentstehung und auch der Rolle des CFTR-Proteins in den verschiedenen Zellen des Pankreas. Die Arbeitsgruppe um Breunig hat unter Verwendung von humanen pluripotenten Stammzellen ein Pankreas-Organoid-Modell im Labor etabliert, mit welchem die zeitliche und zelluläre Abfolge der Entstehung von Mukoviszidose in der Bauchspeicheldrüse untersucht werden kann. Die Wissenschaftler verfolgen die Hypothese, dass frühe Veränderungen in der embryonalen Entwicklung maßgeblichen Anteil an einer späteren Symptomatik (Verdauungsprobleme, Diabetes) haben.

Bereits bekannt ist, welche Zellen im Pankreas den CFTR-Kanal bilden, allerdings wurde der genaue Prozess der CFTR-Bildung in diesem Organ bisher nur unvollständig am Menschen erforscht. Um ein besseres Verständnis der molekularen Mechanismen dieses Prozesses zu bekommen, bilden die Wissenschaftler zunächst im Organoid-Modell die wichtigsten Zelltypen der Bauchspeicheldrüse ausgehend von humanen pluripotenten Stammzellen aus und untersuchen, wo und wann diese CFTR produzieren. Die Zellen werden anschließend in exokrine Zellen und endokrine Zellen differenziert und mit „gesunden Kontrollzellen“ verglichen.

Können Modulatoren CF-typische Veränderungen der Pankreaszellen verhindern?

Die systematische Analyse der verschiedenen Zelltypen im Organoid-Modell soll zeigen, welche Rolle das CFTR-Protein in den verschiedenen Zellen des Pankreas für die Zellentwicklung und Zellfunktionalität spielt. Um die Möglichkeiten einer frühen therapeutischen Behandlung zu untersuchen, sind darüber hinaus Experimente geplant, in denen Entwicklung und Funktionalität der Zellen in unterschiedlichen Stadien mit und ohne CFTR-Modulator verglichen werden. So kann herausgefunden werden, ob eine frühzeitige Verabreichung von Modulatoren CF-typische Veränderungen der Pankreaszellen verhindern kann.

Ergänzt werden die Arbeiten der Forschungsgruppe um Breunig durch eine Projektkooperation mit der Arbeitsgruppe um Prof. Rebecca Hull-Meichle (University of Alberta, Canada), einer führenden Expertin auf dem Gebiet des CF-assoziierten Diabetes.

Hintergrund-Informationen

Über Mukoviszidose: In Deutschland sind mehr als 8000 Kinder, Jugendliche und Erwachsene von der unheilbaren Erbkrankheit Mukoviszidose betroffen. Jedes Jahr werden in Deutschland etwa 150 bis 200 Kinder mit der seltenen Krankheit geboren.

Über den Bundesverband Mukoviszidose e.V.: Der Bundesverband Mukoviszidose e.V. vernetzt die Patienten, ihre Angehörigen, Ärzte, Therapeuten und Forscher. Er bündelt unterschiedliche Erfahrungen, Kompetenzen sowie Perspektiven mit dem Ziel, jedem Betroffenen ein möglichst selbstbestimmtes Leben mit Mukoviszidose zu ermöglichen.