Multifunktionales Navigationssystem für kathetergestützte Eingriffe geplant

Überlagerung der dreidimensionalen Anatomie (rot) der Aorta über der Röntgenfluoroskopie im Verlauf einer transkutanen Aortenklappenimplantation (TAVI). Die Lage der Klappe vor der Implantation (Pfeil) kann anhand der Überlagerung relativ zur Anatomie – und somit sicher – überprüft werden. Abb.: Uniklinik Ulm

Im jetzt angelaufenen Projekt TRANSNAV wollen Forschende der Universität und des Universitätsklinikums Ulm mit Partnern aus der Industrie und von einem externen Forschungsinstitut ein multimodales Navigationssystem entwickeln.

Dieses System soll Operierende von der Planung über die Durchführung bis zur Dokumentation bei kathetergestützten Eingriffen über Arterien unterstützen. Bei einem Gesamtvolumen von rund drei Millionen Euro fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) das Vorhaben für zunächst drei Jahre mit über 1.850.000 Euro.

Während einige kathetergestützte Herzuntersuchungen und -operationen mittlerweile zum Standard zählen, gelten andere Interventionen als so komplex, dass sie nur von wenigen Experten durchgeführt werden. Forschende um Prof. Volker Rasche aus der Inneren Medizin II des Ulmer Universitätsklinikums und Prof. Timo Ropinski vom Uni-Institut für Medieninformatik wollen diese Eingriffe dank eines neuartigen Navigationssystems einer größeren Patientenzahl zugänglich machen.

Ihr multimodales System soll erstmals alle Schritte von der Planung über die Durchführung bis zur Dokumentation umfassen und dabei die patientenspezifische Anatomie berücksichtigen.

„Der Abgleich individuell erstellter Gefäß- und Herzmodelle mit aktuellen Röntgendaten des Patienten sowie die Kompensation von Atem- und Herzbewegungen – unter anderem durch Miniatur-Ultraschallsonden sowie Deep Learning-Ansätze – machen den Eingriff hochpräzise“, erklärt Rasche, Leiter der Arbeitsgruppe Experimentelle MRT.

Gegenüber derzeitigen Navigationshilfen hat das vom Physiker Rasche und vom Informatiker Ropinski geplante System weitere Vorteile. Bisher erfolgt die Kathetersteuerung über Röntgenfluoroskopie, woraus eine Strahlenbelastung für Patienten entsteht und ein potenziell nierenschädigendes Kontrastmittels eingesetzt werden muss. Dabei sind solche röntgenbasierten Ansätze nicht in der Lage, die Position des Katheters räumlich darzustellen oder Organe der Patientinnen und Patienten abzubilden.

„Mit unserer Navigationshilfe können die Strahlenbelastung und die Kontrastmittelgabe voraussichtlich deutlich reduziert werden. Durch die ständige Dokumentation der räumlichen Position der Instrumente erwarten wir zudem eine Qualitätssteigerung sowie eine kürzere Operationsdauer“, erläutert Ropinski, Leiter der Forschungsgruppe „Visual Computing“. Bereits in drei Jahren wollen die Forschenden einen Demonstrator vorweisen, der auf Katheterarbeitsplätzen aller Hersteller anwendbar sein soll – auch in den Gebieten Radiologie und etwa Neurologie.

Forschende um Rasche werden vor allem ihre Expertise im Bereich Bewegungskompensation sowie dreidimensionale Herz- und Gefäßmodelle in das Vorhaben einbringen. Der Schwerpunkt von Ropinski und seiner Arbeitsgruppe liegt hingegen auf der visuellen Datenanalyse sowie auf der Planung von operativen Eingriffen und der Navigation während des Eingriffs. Dazu werden Techniken aus den Bereichen Deep Learning und 3D Visualisierung weiterentwickelt und eingesetzt.

Im Projekt TRANSNAV (3D Multimodales Navigationssystem für Transvaskuläre Interventionen) stehen den Ulmer Wissenschaftlern starke Partner zur Seite. Die Gesamtkoordination liegt bei der mediri GmbH aus Heidelberg, einem Dienstleister im Bereich medizinischer Bildgebung, der mit spezialisierten Software-Lösungen klinische Studien unterstützt und Abläufe der Bilddaten-Prozessierung optimiert, beispielsweise durch bildbasiertes Tracking sich bewegender Organ-Strukturen in Echtzeit. Die Forschergruppe wird durch die 1000shapes GmbH aus Berlin ergänzt, einem Spezialisten für Softwarelösungen rund um 3D-Produktdesign und bildgestützte 3D-Therapieplanung.

Das Konsortium wird durch das Fraunhofer Institut für Digitale Medizin MEVIS abgerundet. Das Institut bringt seine langjährige Expertise im Bereich klinische Entscheidungsunterstützung und bildgestützte Therapien mit der Entwicklung intelligenter Algorithmen zur 3D Modellierung von Organen, Bewegungsanalyse und Bewegungskorrektur ein.