Multiple Sklerose: Höheres Risiko für psychische Erkrankungen während und nach der Schwangerschaft

Foto: © 212538943/stock.adobe.com

Frauen mit Multipler Sklerose (MS) haben im Vergleich zu Frauen mit anderen chronischen Erkrankungen ein höheres Risiko für perinatale psychische Erkrankungen. So eine Studie des Institute for Clinical Evaluative Sciences (ICES), Kanada.

Anhand bevölkerungsbasierter Gesundheitsdaten von ICES fanden die Forscher heraus, dass acht Prozent der Frauen mit MS während der Schwangerschaft eine neue psychische Erkrankung entwickelten. Im ersten Jahr nach der Geburt stieg die Zahl auf 14 Prozent. Depressionen und Angstzustände waren die am häufigsten genannten Erkrankungen.

Die Studie verglich die psychische Gesundheit von rund 1700 Frauen mit MS mit Frauen mit Epilepsie, entzündlichen Darmerkrankungen, Diabetes und Frauen ohne diese chronischen Erkrankungen. Die Forscher analysierten dabei psychische Erkrankungen vor der Empfängnis, während der Schwangerschaft und bis zu drei Jahre nach der Geburt. Die Forschungsergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Neurology“ veröffentlicht.

Erstes Jahr nach der Geburt besonders anfällig

Das erste Jahr nach der Geburt erwies sich als besonders vulnerable Zeit. So hatten Frauen mit MS in dieser Phase ein um 33 Prozent höheres Risiko, psychisch zu erkranken, als Frauen ohne MS oder eine andere der untersuchten chronischen Erkrankungen. Insgesamt litt die Hälfte der Frauen mit MS im ersten Jahr nach der Geburt an einer psychischen Erkrankung. „Unsere Ergebnisse unterstreichen die erhöhte Anfälligkeit von Müttern mit MS für psychische Erkrankungen und die Notwendigkeit von psychischen Screenings und frühzeitigen Interventionen, einschließlich der Anwendung präventiver Strategien“, kommentierte die Hauptautorin Dr. Ruth Ann Marrie, Professorin für Medizin und Leiterin der klinischen Forschung zu Multipler Sklerose an der Dalhousie University.

Die wichtigsten Studienergebnisse im Überblick:

  • Bei Frauen mit MS traten psychische Erkrankungen während der Schwangerschaft um 26 Prozent häufiger auf und das Risiko im ersten Jahr nach der Geburt war um 33 Prozent höher als bei schwangeren Frauen ohne MS, nach Berücksichtigung von Faktoren wie Alter, sozioökonomischem Status und geburtshilflichen Komplikationen.
  • Psychische Erkrankungen betrafen 42 Prozent der Frauen mit MS während der Schwangerschaft und 50 Prozent im ersten Jahr nach der Geburt, verglichen mit 30 Prozent der Frauen ohne MS während der Schwangerschaft und 38 Prozent im ersten Jahr nach der Geburt.
  • Etwa ein Prozent der Frauen mit MS erlitten innerhalb eines Jahres nach der Geburt eine Psychose und fast sechs Prozent entwickelten Substanzmissbrauchsstörungen.
  • Frauen mit Epilepsie, entzündlichen Darmerkrankungen und Diabetes hatten im Vergleich zu Frauen ohne diese Erkrankungen ebenfalls ein erhöhtes Risiko für psychische Erkrankungen während der Schwangerschaft und im ersten Jahr nach der Geburt.

Unterschätzung möglich

Eine Einschränkung der Studie besteht darin, dass Verwaltungsdaten nur psychische Gesundheitsprobleme erfassen können, für die medizinische Versorgung in Anspruch genommen wird. Dies bedeutet, dass die Belastung dieser Bevölkerung durch psychische Erkrankungen unterschätzt werden könnte, erklären die Autoren.

„Zukünftige Studien sollten untersuchen, wie sich die Aktivität und Schwere chronischer Krankheiten wie MS während der Schwangerschaft und der Zeit nach der Geburt auf die psychische Gesundheit auswirken können und wie umfassende Behandlungsstrategien die psychische Gesundheit während dieser Zeit am besten unterstützen können“, betonte die leitende Autorin Prof. Colleen Maxwell.