Mund-Rachen-Krebs: In Ballungsräumen HPV-Infektion Hauptrisiko10. Oktober 2019 Foto: ©Victor Moussa/Adobe Stock Immer mehr Patienten, vor allem in den Großstädten und Ballungsgebieten, erkranken an Mund-Rachen-Krebs, nachdem sie sich mit Humanen Papillomviren (HPV) infiziert haben, so das Ergebnis einer Hamburger Kohortenstudie. Demnach sind vier von fünf Betroffenen HPV-positiv. „Man muss davon ausgehen, dass Menschen, die im Laufe ihres Lebens viele Sexualpartner haben und Oralsex praktizieren ein deutlich höheres Risiko haben, an einem Mund-Rachen-Krebs zu erkranken – zumindest solange, wie das HP-Virus nicht durch Impfungen gestoppt wird”, sagt Prof. Jens Meyer, Chefarzt der HNO-Abteilung in der Asklepios Klinik St. Georg (Hamburg). Seine Patienten sind im Durchschnitt etwa 60 Jahre alt und nicht gegen HPV geimpft. Seit 2013 werden alle Patienten der Klinik mit Mund-Rachen-Krebs auf eine HPV-Infektion untersucht. Meyer hat dabei festgestellt, dass 79 Prozent der untersuchten Krebspatienten HPV-16/18-positiv sind, und zwar Männer wie Frauen gleichermaßen. Jens Meyer, Asklepios Klinik St. Georg, Hamburg. Foto: obs/Asklepios Kliniken/Bertram Solcher „Das ist im weltweiten Vergleich ein überproportional hoher Anteil und gibt Anlass zur Besorgnis”, sagt der Spezialist für Kopf-Hals-Chirurgie. „Damit bestätigt sich die in Fachkreisen schon lange verbreitete Annahme, dass das HP-Virus unmittelbar für die Entstehung von Mund-Rachen-Krebs verantwortlich ist. Überraschend ist die Deutlichkeit, mit der es jetzt durch unser Patientenklientel aus der Metropolregion Hamburg belegt ist”, so Meyer. Dass Hamburg hier im internationalen Vergleich eine der Spitzenpositionen einnimmt, hängt nach Einschätzung des HNO-Spezialisten mit der Zunahme der Neuerkrankungsraten insgesamt und der für Ballungsräume typischen Population zusammen. Neu sei, dass nicht Rauchen oder übermäßiger Alkoholkonsum das Hauptrisiko für eine Erkrankung an Mund-Rachen-Krebs ist, sondern eine Infektion mit HPV und die Übertragung durch sexuelle Kontakte. Der Belegt, der im europäischen Vergleich mit 79 Prozent überproportional hohen Rate an HPV-positiven Nachweisen bei Patienten mit Mund-Rachen-Krebs, gelang im Rahmen einer Kohortenstudie. Dabei wurde der „Goldstandard” der Nachweismethoden angewendet: Zum einen die p16-Immunhistochemie und im Anschluss der DNA-Nachweis über eine spezifische PCR mit einer HPV-Hochrisiko-Suchsonde und Suchsonden zum Nachweis der häufigsten krebserzeugenden HPV-Typen 16 und 18. Die Patientenkohorte wurde von Anfang 2013 bis Mitte 2018 in der HNO-Abteilung in der Asklepios Klinik St. Georg in Zusammenarbeit mit der Pathologie auf das Vorliegen einer abgelaufenen HPV-Infektion untersucht. Meyer sieht den von vielen Wissenschaftlern schon seit einigen Jahren vermuteten Zusammenhang zwischen sexuellen Kontakten und Mund-Rachen-Krebs klar bestätigt. Bislang galt Mund-Rachen-Krebs vorwiegend als klassische Folge von zu viel Rauchen oder zu hohem Alkoholgenuss. Und das HP-Virus ist bislang vor allem als Auslöser von Gebärmutterhalskrebs bekannt. Dass es auch für Kopf-Hals-Tumoren verantwortlich ist, ist vielen nicht bewusst. Allein an Mund-Rachen-Krebs erkranken pro Jahr etwa 13.000 Menschen in Deutschland. „Häufig wird die abgelaufene Infektion mit dem krebserregenden HP-Virus erst in der histologischen Untersuchung erkannt, wenn der Mund-Rachen-Krebs diagnostiziert wird. Die eigentliche, stille Infektion liegt dann mindestens zehn bis 15 Jahre zurück”, erläutert Prof. Mathias Vierbuchen, Chefarzt der Pathologie in der Asklepios Klinik St. Georg. Aber:„Wenn der Tumor erkannt ist und richtig behandelt wird, scheinen die Heilungs- und Überlebenschancen größer als bei Kopf-Hals-Tumoren zu sein, die nicht durch HPV ausgelöst werden,” so Meyer. Eine wirksame Impfung gegen die Infektion mit dem Virus existiert – und sie wird von der Ständigen Impfkommission (STIKO) seit 2007 für alle Mädchen im Alter zwischen neun und 14 Jahren empfohlen, vor allem, weil der Gebärmutterhalskrebs mit dem HP-Virus in direktem Zusammenhang steht. Seit 2018 gilt diese Impfempfehlung jetzt auch für Jungen. Auch sie können das sexuell übertragbare HP-Virus weitergeben. Die Impfung kann sie vor Mund-Rachen-Krebs oder anderen HPV-bedingten Erkrankungen schützen. Die Impfkosten tragen die Krankenkassen. Nach Ansicht von Expertn sollten die Impfquoten noch gesteigert werden: So stimmten Vertreter aus Gesundheitswesen, Forschung und Politik beim „Runden Tisch zur Ausrottung HPV-assoziierter Krebserkrankungen“ darin überein, dass eine Impfquote von 70 Prozent „machbar und sinnvoll” ist.
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