Muskelschwäche bei Intensivstation-Patienten: Forscher finden potenziellen Therapieansatz

Prof. Wolfgang Linke (2.v.l.) mit seinem Team im Labor (v.l.: Marion von Frieling-Salewsky, Yong Li, Andreas Unger). (Foto: FZ/Wibberg)

Die „Critical Illness Myopathy” (CIM) – eine Muskelschwäche, die häufig bei länger intensivmedizinisch behandelten Patienten auftritt hat durch das Coronavirus neue Aktualität gewonnen. Bei einer schwer verlaufenden Covid-19-Infektion, müssen viele Patienten künstlich beatmet werden. Bei bis zu 30 Prozent tritt darauffolgend eine CIM ein. Forscher aus Münster, haben jetzt einen potenziellen Ansatz für die Behandlung einer CIM gefunden.

Ein Forscherteam der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU), hat einen potenziellen Ansatz für die Behandlung einer CIM gefunden. Durch seine Forschungen beschreibt das Team erstmals, was in einem Organismus geschieht, wenn man im Skelettmuskel die Produktion des Muskelproteins Titin unterbindet.

Titin, das größte Protein in Menschen und Wirbeltieren, gewährleistet im Muskel Stabilität sowie Elastizität und wirkt als Sensor der Muskelkraft. Die Forscher deaktivierten Titin in den Organismen von Mäusen und konnten nachweisen, dass nach drei bis vier Wochen die Muskelkraft der Tiere stark absank.

Diese Erkenntnisse können nun in der Forschung zur CIM angewandt werden. Bei beatmeten Patienten führt die teilweise wochenlange und vollständige Ruhigstellung dazu, dass im Muskel kein Anreiz mehr für die Muskelproteinproduktion – und somit für das Muskelwachstum – besteht; die Titinfeder ist defekt. Die Folge: Das Muskelgewebe schwindet.

Die jetzt in „Nature Communications“ veröffentlichte Studie legt nahe, dass man einer CIM vorbeugen könnte, indem die peripheren Muskeln der Patienten während der Beatmungsphase gedehnt werden. Gerade im Hinblick auf die Corona-Pandemie und damit mehr zu beatmende Menschen stimmen die Ergebnisse der Forscher aus Münster optimistisch.

Originalpublikation:
Swist S, Unger A, Li Y et al. Maintenance of sarcomeric integrity in adultmuscle cells crucially depends on Z-discanchored titin. Nature Communications 2020. Doi: 10.1038/s41467-020-18131-2