Geschlechterunterschiede beim Muskelstoffwechsel: Molekulare Analyse liefert erste Erklärungen

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Die Skelettmuskulatur von Männern und Frauen verarbeitet Glukose und Fette auf unterschiedliche Weise. Eine neue Studie aus Deutschland zeigt diese Unterschiede durch eine molekulare Analyse auf.

Wie unterschiedlich Muskeln bei Frauen und Männern arbeiten, wurde lange unterschätzt. Genau dieser Frage sind Forschende des Universitätsklinikums Tübingen, des Instituts für Diabetesforschung und metabolische Erkrankungen von Helmholtz Munich und des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD) jetzt nachgegangen. Die Wissenschaftler um Simon Dreher und Cora Weigert haben Muskelbiopsien von 25 gesunden, aber übergewichtigen Erwachsenen (16 Frauen, 9 Männer) im Alter von etwa 30 Jahren untersucht. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Molecular Metabolism“ veröffentlicht.

Die Probanden nahmen zuvor nicht regelmäßig an sportlichen Aktivitäten teil. Über acht Wochen hinweg absolvierten sie dreimal pro Woche ein einstündiges Ausdauertraining, bestehend aus 30 Minuten Radfahren und 30 Minuten Gehen auf dem Laufband. Muskelproben wurden vor Beginn, nach der ersten Trainingseinheit und am Ende des Programms entnommen. Anhand modernster molekularbiologischer Verfahren, darunter Epigenom-, Transkriptom- und Proteomanalysen, hat das Team geschlechtsspezifische Unterschiede auf verschiedenen Ebenen untersucht.

Männer reagieren mit mehr Stress auf Bewegung

Bereits die erste Trainingseinheit löste bei Männern eine stärkere Stressreaktion auf molekularer Ebene aus, erkennbar an der vermehrten Aktivierung von Stressgenen und am Anstieg des Muskelproteins Myoglobin im Blut. Zudem zeigten männliche Muskeln ein ausgeprägtes Muster von Fast-Twitch-Fasern, die auf kurzfristige, intensive Belastung ausgelegt sind und bevorzugt Glukose als Energiequelle nutzen.

Frauen hatten deutlich höhere Mengen an Proteinen, die für die Aufnahme und Speicherung von Fettsäuren verantwortlich sind: ein Hinweis auf eine effizientere Fettverwertung. Nach acht Wochen regelmäßigem Ausdauertraining passten sich die Muskeln beider Geschlechter an und die Muskelfaser-spezifischen Unterschiede nahmen ab . Gleichzeitig wurden bei Frauen und Männern vermehrt Proteine gebildet, die die Verwertung von Glukose und Fett in den Mitochondrien fördern.

„Diese Anpassungen deuten auf eine insgesamt verbesserte Stoffwechselleistung hin, die helfen kann, das Risiko für Typ-2-Diabetes zu senken“, sagt Weigert. „Unsere neuen Erkenntnisse könnten künftig dazu beitragen, das individuelle Diabetesrisiko besser vorherzusagen und Empfehlungen für Bewegungstherapien gezielter auf Frauen und Männer abzustimmen.“

Weitere Forschung geplant

Die Wissenschaftler wollen nun untersuchen, welche Rolle Sexualhormone wie Östrogen und Testosteron bei diesen Unterschieden spielen – und wie hormonelle Veränderungen im Alter das Risiko für Stoffwechselkrankheiten beeinflussen.