Mythos Blaulichtschaden: DOG-Experten geben Entwarnung

Aktuellen Studien zufolge verursacht der von elektronischen Geräten abgegebene Blaulichtanteil keine Netzhautschäden und beeinträchtigt auch nicht die Schlafqualität (Symbolbild). Foto: © ohishiftl – stock.adobe.com

Filter für Smartphones, Computerbrillen für Kinder, Kontaktlinsen für PC-Arbeit: Viele Produkte werben mit dem Schutz vor Blaulicht, das von Bildschirmen und Handydisplays ausgeht. Doch ist blaues Licht wirklich schädlich für die Augen, beeinträchtigt es den Schlaf? Nein, sagen Experten der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG).

Blaues Licht gehört zum sichtbaren Teil des elektromagnetischen Spektrums und zeichnet sich durch Energiereichtum aus. „Dennoch ist die Lichtstärke bei der Nutzung elektronischer Geräte viel zu gering, um Netzhautschäden an den Augen hervorzurufen“, sagt Prof. em. Michael Bach vom Universitätsklinikum Freiburg. Dies zeigt der Vergleich: Die natürliche Beleuchtungsstärke im Freien bei bedecktem Winterhimmel beträgt in unseren Breitengraden etwa 5000 lux, an einem Sonnentag bis zu 100.000 lux. Ein Computer-Bildschirm, sehr hell eingestellt, bleibt in 50 Zentimetern Abstand jedoch unter 500 lux.
„Auch wenn Kinder durch Corona-bedingten Fernunterricht stundenlang vor Bildschirmen sitzen, sind zumindest Blaulicht-Augenschäden dadurch nicht zu befürchten“, stellt der Sehforscher fest. Eine weitere Erkenntnis zu vermeintlichen Beeinträchtigungen: Kontaktlinsen, die Blaulicht blockieren, schützen einer aktuellen Studie zufolge nicht besser vor einer Ermüdung der Augen bei der Bildschirmarbeit als Standardkontaktlinsen (1).

Entwarnung gibt DOG-Experte Bach auch in Bezug auf mögliche Schlafstörungen, die das Blaulicht durch abendliches Lesen an elektronischen Geräten verursachen könnte. Diese Annahme sei inzwischen durch eine Studie mit 167 Probanden widerlegt, die erst vor wenigen Monaten erschien (2). Forscher hätten in dieser Studie die Wirkung einer sogenannten „Night Shift“-Einstellung untersucht – eine Funktion, die bei bestimmten Geräten den Blauanteil vom Displaylicht dimme, um die behauptete Wirkung auf den Schlaf zu reduzieren. Der dreiarmigen Studie zufolge gab es keinen Unterschied in Bezug auf die Schlafqualität zwischen der Gruppe, die die „Night Shift“-Einstellung aktiviert hatte, der Gruppe, die keine „Night Shift“-Funktion aktiviert hatte oder jener Gruppe, die gar kein SmartPhone genutzt hatte. Der Tipp des Freiburger Sehforschers lautet daher: „Wer vor dem Einschlafen auf einem elektronischen Gerät lesen möchte, sollte eine maximale Helligkeit vermeiden – diese Empfehlung klingt trivial, ist aber richtig.

DOG-Präsident Prof. Hagen Thieme findet es wichtig, diese Forschungserkenntnisse in die breite Öffentlichkeit zu tragen. „Sie dienen der Aufklärung und schützen Verbraucherinnen und Verbraucher vor irreführender Werbung und verunsichernden Falschmeldungen, die rein kommerzielle Interessen verfolgen“, sagt der Direktor der Universitätsaugenklinik Magdeburg.

Referenzen:
1. Singh S, Downie LE, Anderson AJ. Do Blue-blocking Lenses Reduce Eye Strain From Extended Screen Time? A Double-Masked Randomized Controlled Trial. Am J Ophthalmol 2021;226:243–251. https://doi.org/10.1016/j.ajo.2021.02.010
2. Duraccio KM, Zaugg KK, Blackburn RC, Jensen CD. Does iPhone night shift mitigate negative effects of smartphone use on sleep outcomes in emerging adults? Sleep Health 2021. https://doi.org/10.1016/j.sleh.2021.03.005