Nahrungsergänzungsmittel gegen Schwerhörigkeit?

Prestin-Expression in OHCs von Mäusen, die mit Efavirenz, Efavirenz und Phytosterolen behandelt wurden. Bild: Sodero AO et al., 2023, PLOS Biology, CC-BY 4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/)

Einer aktuellen Studie zufolge könnten Phytosterole eine mögliche therapeutisch Strategie zur Prävention altersbedingter Schwerhörigkeit sein. Der Ansatz wurde bisher allerdings nur im Mausmodell getestet.

Forschende um María Eugenia Gomez-Casati vom Institut für Pharmakologie der Medizinischen Fakultät der Universität Buenos Aires (CONICET), Mauricio Martin vom Institut für medizinische Forschung Mercedes und Martín Ferreyra (INIMEC-CONICET-UNC) von der Nationalen Universität Córdoba in Argentinien berichten, dass altersbedingter Hörverlust mit einer Abnahme des Cholesterins im Innenohr einhergeht. Die Ergebnisse der kürzlich veröffentlichten Studie zeigen, dass Phytosterol-Präparate das verlorene Cholesterin ersetzen und sensorische Funktionsstörungen bei Mäusen verhindern konnten.

Sinneszellen im Innenohr, die so genannten äußeren Haarzellen (OHC), verstärken Töne, indem sie ihre Länge verändern. Da Cholesterin eine Schlüsselrolle bei dieser Dehnungsreaktion spielt und kürzlich nachgewiesen wurde, dass das Cholesterin im Gehirn mit dem Alter abnimmt, stellten die Forschenden die Hypothese auf, dass der Hörverlust mit dem Verlust von Cholesterin in den OHCs zusammenhängen könnte. Sie testeten ihre Hypothese im Mausmodell.

Zunächst maßen die Forscher die Menge an CYP46A1 in OHC, da dieses Enzym am Abbau und Recycling von Cholesterin beteiligt ist. Wie erwartet, fanden sie in den Innenohren älterer Mäuse mehr CYP46A1 als bei jüngeren Mäusen und folglich weniger Cholesterin.

Als Nächstes wiesen sie Ursache und Wirkung nach, indem sie bei jungen Mäusen durch eine Überaktivierung von CYP46A1 mit dem Medikament Efavirenz einen Hörverlust hervorriefen, der sich in einer verminderten Leistung der Innenohrzellen widerspiegelte. Schließlich testeten sie, ob eine Erhöhung des Cholesterinspiegels im Gehirn dem Medikament entgegenwirken könnte. Da Cholesterin selbst nicht aus dem Blut ins Gehirn gelangen kann, verwendeten die Forscher cholesterinähnliche Verbindungen auf pflanzlicher Basis, Phytosterine, die dies können. Die jungen Mäuse, die sowohl das CYP46A1-aktivierende Medikament als auch drei Wochen lang Phytosterine mit der Nahrung erhielten, zeigten eine verbesserte OHC-Funktion.

Phytosterine sind in vielen frei verkäuflichen Nahrungsergänzungsmitteln enthalten. Nach Ansicht der Autoren könnten sie eine bequeme Möglichkeit sein, um altersbedingten Hörverlust zu bekämpfen. Allerdings müssten ihre Auswirkungen auf den Hörverlust in älteren Mausmodellen und beim Menschen direkt getestet werden, bevor genauere Schlussfolgerungen gezogen werden könnten, wie die Autoren hervorheben.

„In der vorliegenden Arbeit zeigen wir, dass erstens das Altern den Cholesterinverlust in den Sinneszellen des Innenohrs auslöst und zweitens eine retrovirale Behandlung, die häufig bei HIV/AIDS-Patienten eingesetzt wird, den bei älteren Menschen beobachteten Cholesterinverlust reproduziert und zu einer Beeinträchtigung der Funktion der äußeren Haarzellen führt. Drittens haben wir festgestellt, dass diese Defekte durch eine Phytosterinsupplementierung teilweise rückgängig gemacht werden können. Unsere Ergebnisse sind sehr vielversprechend, da sie den ersten Grundsatzbeweis liefern, der die Supplementierung von Phytosterinen als möglichen Ansatz zur Prävention oder Behandlung von Hörverlust unterstützt“, ordnen die Autoren ihre Ergebnisse ein.