Nanoroboter verwandeln Stammzellen in Knochenzellen

Chen Wang beobachtet die Ausdifferenzierung zur Knochenzelle. Bildquelle: ©Andreas Schmitz/TUM

Forschenden der Technischen Universität München (TUM) ist es gelungen, Stammzellen mithilfe von Nanorobotern so präzise zu stimulieren, dass sie sich gezielt und zuverlässig in Knochenzellen verwandeln.

Die Nanoroboter von Prof. Berna Özkale Edelmann bestehen aus winzigen Goldstäbchen und Kunststoffketten. Mehrere Millionen davon befinden sich in einem nur 60 Mikrometer kleinen Gelkissen zusammen mit einigen wenige menschlichen Stammzellen. Angetrieben und gesteuert durch Laserlicht stimulieren die wie kleine Kügelchen aussehenden Roboter die Zellen mechanisch, indem sie Druck ausüben. Das Team veröffentlichte dazu kürzlich zwei Studien in den Fachzeitschriften “Small Science” und “Advanced Materials”.

Transformation durch mechanische Kräfte

“Wir erhitzen das Gel lokal und können mit unserem System die Kräfte exakt bestimmen, mit denen die Nanoroboter auf die Zelle drücken – und sie so anregen”, erläutert die Professorin für Nano- und Mikrorobotik an der TUM. In der Zelle stößt diese mechanische Stimulation biochemische Prozesse an. Ionenkanäle verändern ihre Eigenschaften und Proteine werden aktiviert – darunter eines, das vor allem für die Bildung von Knochen wichtig ist. Erstautorin Nergishan Iyizan aus dem Microbiotic Bioengineering Lab der TUM erklärt den Prozess in einem Video.

Das richtige Belastungsmuster finden

Geschieht die Stimulation in richtigem Rhythmus und mit der richtigen (geringen) Kraft, lässt sich eine Stammzelle innerhalb von drei Tagen sehr zuverlässig so triggern, dass sie sich binnen drei Wochen in eine Knochenzelle entwickelt. „Das ist fast wie im Fitness-Center: Wir trainieren die Zellen für einen ganz speziellen Einsatzbereich. Jetzt müssen wir nur noch herausfinden, welches Belastungsmuster zum jeweiligen Zelltyp passt“, sagt die Leiterin des Microbiotic Bioengineering Labs an der TUM.

Auch Knorpel- und Herzzellen denkbar

Um Knochenzellen herzustellen, bedient sich das Forschungsteam sogenannter mesenchymaler Stammzellen. Sie gelten als „Reparatururzellen“ im Körper, sind etwa 10 bis 20 Mikrometer groß und generell in der Lage, sich beispielsweise in Knochen-, Knorpel- und Muskelzellen weiterzuentwickeln. Die Herausforderung: Die Transformation in ausdifferenzierte Zellen ist komplex und lässt sich bisher schwer steuern. „Wir haben eine Technologie entwickelt, mit der man in einer dreidimensionalen Umgebung sehr exakt Kräfte auf die Zelle einwirken lassen kann“ sagt Özkale Edelmann, „das ist in der Forschung bisher einmalig.“

Die Forschenden gehen davon aus, dass sich mit dieser Methode und dem richtigen Belastungsmuster auch Knorpel- und Herzzellen aus menschlichen Stammzellen herstellen lassen. Für eine Therapie benötigen Ärzte allerdings weitaus mehr ausdifferenzierte Zellen – etwa eine Million. „Deshalb ist es im nächsten Schritt wichtig, unsere Produktion zu automatisieren, um schneller mehr Zellen herstellen zu können“, so Özkale Edelmann abschließend.