Nasen- und Nasennebenhöhlenkrebs: Chemotherapie vor der OP reduziert Gewebeverlust1. Oktober 2024 Foto: Tyler Olson/stock.adobe.com Eine prospektive, multizentrische, randomisierte Studie hat untersucht, ob eine Chemotherapie vor der OP Nasen- beziehungsweise Nasennebenhöhlentumore schrumpfen lässt und ob weniger normales Gewebe entfernt werden muss. Ergebnisse einer klinischen Studie der ECOG-ACRIN-Krebsforschungsgruppe (ECOG-ACRIN) zeigen eine deutliche Verbesserung für Patienten, die vor einer Operation zur Entfernung von fortgeschritten Plattenepithelkarzinomen der Nase oder der Nasennebenhöhlen eine Chemotherapie erhielten. Die Europäische Gesellschaft für Medizinische Onkologie stellte die Studie auf ihrem ESMO-Kongress 2024 in Barcelona, Spanien, vor. Für die in die Studie eingeschlossenen Patienten, gab es Anzeichen dafür, dass eine Operation zum Verlust des Auges, der Schädelbasis oder beidem führen würde. In der randomisierten prospektiven Studie EA3163 hatten Patienten, die vor der Operation eine Chemotherapie erhielten, jedoch eine 50-prozentige Chance, diese Strukturen zu erhalten. Im Gegensatz dazu hatten Patienten, die sich einer Operation und einer nachfolgenden Strahlentherapie unterzogen, nur eine 15-prozentige Chance, sowohl das Auge als auch die Basis des Schädelknochens zu erhalten. Die Studie wurde vom National Cancer Institute der USA gesponsert. „Diese Ergebnisse belegen, dass eine Chemotherapie vor der Operation eine wirksame Maßnahme ist, um den Erhalt lebenswichtiger Organe, Knochen und Gewebe bei Patienten mit Plattenepithelkarzinomen der Nasen- und Nasennebenhöhlen zu verbessern“, betonte Dr. Nabil F. Saba, leitender Prüfarzt und Professor und stellvertretender Vorsitzender des Lynne und Howard Halpern-Lehrstuhls für Kopf-Hals-Krebsforschung, Direktor des Kopf-Hals-Onkologie-Programms am Winship Cancer Institute der Emory University School of Medicine und Mitglied des ECOG-ACRIN-Ausschusses für Kopf-Hals-Krebs. Bereits in früheren kleineren Einzelcenter-Studien hatte sich eine Chemotherapie vor der Operation als vielversprechender Ansatz für einen besseren Organerhalt erwiesen. Auch wenn einige Onkologen und Chirurgen ihren Patienten dieses Vorgehen aufgrund der Daten empfehlen, gab es keine breite Akzeptanz. Nötig war eine randomisierte Multizenterstudie, die die Vorteile der Chemotherapie gegenüber der primären Operation in Bezug auf den Organerhalt belegt. Die Studie EA3163 soll diese Lücke schließen. Im Gegensatz zu den bisher vorliegenden Informationen über die Rolle der Chemotherapie beim Organerhalt wurden Saba zufolge in diese Studie Patienten aufgenommen, bei denen eindeutig eine Organresektion erforderlich war. Man habe diese Informationen sorgfältig evaluiert, was eine objektivere Untersuchung der Rolle der Chemotherapie beim Organerhalt und den Ansatz zu beweisen oder zu widerlegen ermöglicht habe, erklärte Saba weiter. Er bezeichnete die EA3163-Studie als eine zuverlässige Plattform für einen objektiven Vergleich der beiden Ansätze. Ziel der prospektive randomisierte klinische Studie EA3163 war es, 82 Patienten mit Plattenepithelkarzinomen der Nase und der Nasennebenhöhlen im Stadium T3 und T4a (sowie ausgewählte T4b) zu rekrutieren. Zwischen März 2018 und August 2023 wurden 29 Patienten an mehreren klinischen Standorten in den USA in die Studie aufgenommen. Allerdings verlief die Rekrutierung langsam und wurde November 2023 geschlossen. Auf dem ESMO-Kongress wurde die Ergebnisse werden für die 23 Patienten berichtet, die ausgewertet werden konnten. Studienergebnisse stüzten Einsatz neoadjuvanter Chemotherapie Saba erklärte dazu: „Obwohl wir nicht in der Lage waren, die geplante Rekrutierung abzuschließen und eine endgültige Antwort zu finden, sind die Studienergebnisse beeindruckend und unterstützen den Einsatz der neoadjuvanten Chemotherapie als eine Intervention, die die Chance auf Organerhalt für diese Patienten verbessern könnte.“ Die Patienten in der Kontrollgruppe wurden operiert und erhielten anschließend eine Strahlentherapie (60 Gy). Die Patienten in der experimentellen Gruppe erhielten drei Zyklen Chemotherapie, gefolgt von einer Operation und einer Strahlentherapie (66 Gy). Als Chemotherapie erhielten die Patienten Docetaxel zu 75 mg/m2 und Cisplatin zu 75 mg/m2. Falls der behandelnde Arzt es für erforderlich hielt, konnte Cisplatin durch Carboplatin (40 mg/m2) ersetzt werden. Die Dosierungen entsprechen den klinischen Praxisrichtlinien des National Comprehensive Cancer Network. „Wir sind der Meinung, dass in künftigen Studien geprüft werden muss, ob eine Änderung der Wahl der Chemotherapie oder eine zusätzliche Immuntherapie die Chance auf Organerhalt verbessern könnte“, sagte die leitende Prüfärztin Barbara A. Burtness, MD, Anthony N. Brady. Nasen- und Nasennebenhöhlenkrebs ist eine seltene Krankheit. In den USA sind jedes Jahr etwa 2000 Menschen betroffen, meist im Alter von 55 Jahren und älter. Zum Zeitpunkt der Diagnosestellung haben die Patienten in der Regel Tumore in oder in der Nähe der Augen (Orbita), der Schädelbasis oder in beiden Bereichen. Saba und Kollegen zielten mit ihrer Studie auch darauf ab, die Morbidität der Patienten zu reduzieren. Sie hoffen, die derzeitige 5-Jahres-Überlebensrate zu verbessern, die unter 50 Prozent liegt. Die Teilnehmer werden weiterhin auf das 2-Jahres-Gesamtüberleben nachverfolgt.
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