Nasenschleimhaut und Post-COVID-Syndrom: Molekularen Ursachen auf der Spur10. November 2025 Anke Fähnrich (LIED/UzL), Hauke Busch (LIED/UzL), Karosham Reddy (FZB), Markus Weckmann (FZB, UKSH, UzL) und Yamil Maluje (LIED/UzL) (v.l.). Foto: W. Nurieva/Uni Lübeck Ein norddeutsches Forschungsteam hat gezeigt, dass zwei Botenstoffe für anhaltende Entzündungsprozesse in der Nasenschleimhaut beim Post-COVID-Syndrom verantwortlich sind: TNFα und TGFβ. Ein Forschungsteam aus dem Forschungszentrum Borstel, Leibniz Lungenzentrum (FZB), der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU), der Universität zu Lübeck (UzL) und dem Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) hat gemeinsam mit weiteren Partnern neue Einblicke in die Entstehung des Post-COVID-Syndroms gewonnen. Die Forschenden kombinierten modernste Einzelzell-Transkriptomik (scRNA-seq) mit zellbiologischen Modellen. Entzündungsprozess hemmt Geweberegeneration So konnten sie die zellulären und molekularen Mechanismen entschlüsseln, die hinter den langwierigen Beschwerden vieler Betroffener stehen. Die Studie identifizierte zwei Botenstoffe, die in der Nasenschleimhaut dauerhaft eine Entzündung auslösen. Dieser Entzündungsprozess hemmt offenbar die Regeneration des Gewebes und trägt somit zur anhaltenden Symptomatik bei Post-COVID bei. Die Ergebnisse sind aktuell in „Nature Communications“ veröffentlicht. Das Post-COVID-Syndrom (PCS) betrifft etwa 3 bis 17 Prozent der Personen nach einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2. Die Betroffenen leiden an Spät- beziehungsweise Langzeitfolgen mit unterschiedlicher Symptomatik. Die Ursachen sind noch weitestgehend ungeklärt. Das Team um Dr. Karosham Reddy, Prof. Markus Weckmann (beide FZB), Prof. Hauke Busch und PD Dr. Anke Fähnrich aus der Medizinischen Systembiologie des Lübecker Instituts für Experimentelle Dermatologie (LIED) hat daher Proben von Nasenbiopsien von 25 Patientinnen und Patienten mit Post-COVID-Syndrom auf zellulärer und molekularer Ebene untersucht. Die Proben sind im Rahmen von NAPKON, einer bundesweiten Post-COVID-Kohorte, entnommen worden. Anhaltende Entzündung der Nasenschleimhaut durch Botenstoffe angetrieben Die Forschenden haben unter anderem die vorhandenen Zelltypen und Signalwege, mit denen die Zellen miteinander kommunizieren, analysiert. Dabei fanden sie heraus, dass die Schleimhaut der oberen Atemwege auch Monate nach einer überstandenen SARS-CoV-2-Infektion strukturell verändert bleibt – auch wenn keine aktive Virusinfektion mehr vorliegt. Dabei haben sie zwei zentrale Botenstoffe identifiziert: TNFα und TGFβ. Diese sind offenbar für eine anhaltende Fehlprogrammierung der Schleimhautzellen verantwortlich. Reddy und Markus Weckmann am FZB konnten die Befunde in innovativen, humanen Schleimhautmodellen bestätigen. „Unsere Daten zeigen, dass die Kombination der beiden Botenstoffe TNFα und TGFβ die Regeneration des Flimmerepithels empfindlich stört“, erklärt Reddy. „Die anhaltende Entzündung in der Nasenschleimhaut wird also nicht durch das Virus selbst aufrechterhalten, sondern durch diese Botenstoffe angetrieben“, so Reddy weiter. Die Atemwegsschleimhaut kann somit ihre Abwehrfunktion nicht aufrechterhalten, wodurch langanhaltende Atemwegsbeschwerden und erhöhte Infektanfälligkeit, die für PCS typisch sind, resultieren können. Ergebnisse liefern mögliche therapeutische Ziele Die Ergebnisse der Studie könnten neue Ansatzpunkte für die gezielte Behandlung des Post-COVID-Syndroms liefern. „Unsere Beobachtungen weisen auf spezifische Signalwege hin, die offenbar bei PCS eine entscheidende Rolle spielen. Diese könnten therapeutisch gezielt beeinflusst werden, um so die Symptome zu lindern und möglicherweise langfristige Schäden in der Nasenschleimhaut zu verhindern“, erklärt die federführende Autorin Fähnrich. Die beobachteten Mechanismen könnten sogar auch bei anderen chronischen Lungenerkrankungen eine Rolle spielen, was in weiteren Studien genauer untersucht werden muss. Die Studie ist ein Beispiel für gelungene interdisziplinäre und translationale Forschung innerhalb des Exzellenzcluster PMI. Entscheidend für den Erfolg war die enge Zusammenarbeit zwischen dem FZB, dem LIED an der Universität Lübeck und dem Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH), sowie dem Industriepartner Singleron. Nur durch diese enge Kooperation konnten hochwertige Einzelzelldaten erhoben und mit modernen bioinformatischen Verfahren ausgewertet werden.
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