Nationales Register für angeborene Herzfehler warnt vor Finanzierungslücke30. Dezember 2025 Mehr als 10.000 freiwillig an das NRAHF gespendete Biomaterial-Proben lagern in der ZeBanC (Zentralen Biomaterialbank der Charité). (Foto: © Wolfram Scheible für Nationales Register) Mit einem neuen Gesetzentwurf für Medizinregister will die Bundesregierung die Registerlandschaft in Deutschland neu aufstellen. In diesem Zusammenhang warnt das Nationale Register für angeborene Herzfehler jedoch vor schwerwiegenden Finanzierungslücken. Mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung von Medizinregistern und zur Verbesserung der Medizinregisterdatennutzung (MRG) legt das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) erstmals einen umfassenden Rahmen für die Registerlandschaft in Deutschland vor. Fachkreise begrüßen diesen Schritt, warnen jedoch: Ohne eine verlässliche Finanzierungsperspektive drohen zentrale Forschungsressourcen wegzubrechen. Besonders betroffen ist das Nationale Register für angeborene Herzfehler (NRAHF).Seit mehr als 20 Jahren liefert das NRAHF eine tragende Grundlage für die evidenzbasierte Versorgung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit angeborenen Herzfehlern – der häufigsten angeborenen Organfehlbildung. Über 60.000 Patientinnen und Patienten vertrauen dem Register dauerhaft ihre Daten und Proben an, in der berechtigten Hoffnung auf bessere Therapien, Versorgung und Lebensqualität bis ins hohe Erwachsenenalter. Mit seiner Datentiefe und mehr als 10.000 Biomaterial-Proben gilt das Register als eine der international bedeutendsten Forschungsressourcen. Seit Gründung blickt das NRAHF auf im Durchschnitt monatlich eine peer-reviewte Publikation zurück. Erkenntnisse aus registerbasierten Studien fließen regelmäßig in deutsche und europäische Behandlungsleitlinien ein. Ein vom BMG beauftragtes Gutachten listet das NRAHF unter den Best-Practice-Registern. MRG schafft Regulierung – aber keine Zukunftssicherheit Jetzt sieht ein neuer Gesetzentwurf des BMG ein Registerverzeichnis und die Qualifizierung von Registern über ein „Zentrum für Medizinregister“ (ZMR) am Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) vor. Mit dem Gesetz will die Bundesregierung die Registerlandschaft in Deutschland vereinheitlichen, qualitativ stärken und ihre Nutzbarkeit verbessern. Eine strukturelle Finanzierung jedoch wird im Gesetz nicht geregelt. „Das Medizinregistergesetz schafft ein rechtliches Dach – aber keinen zukunftssicheren Boden“, sagt Prof. Anselm Uebing, Vorstandsvorsitzender des NRAHF. „Wer Qualität und Innovation fordert, muss sie auch ermöglichen. Ohne eine tragfähige Finanzierung dieser wichtigen Forschungsinfrastrukturen können die im Gesetz definierten Standards nicht erfüllt werden. Damit setzen wir langfristig Forschung, Versorgungssicherheit und Gesundheit aufs Spiel.“ Register unter Druck – private Förderer bewahren vor Stillstand Wie berechtigt diese Sorge ist, zeigt die Situation des NRAHF. Seit 2025 steht das Herzregister erstmals in über zwanzig Jahren ohne staatliche Finanzierung da (wir berichteten). Für das datenschutz- und ethikkonforme Management des Registers und dessen zukunftweisende Digitalisierung werden jährlich rund eine Million Euro benötigt. Fördermittel privater Stiftungen halten seither ein wichtiges Pilotprojekt zur KI-gestützten Erfassung und Analyse medizinischer Daten sowie den Basisbetrieb für die Forschung mit dem international renommierten Register aufrecht. Doch noch droht der irreversible Verlust einer der größten Daten- und Probenquellen für die Forschung zur Verbesserung der gesundheitlichen Versorgung von allein in Deutschland mehr als 500.000 Betroffenen. „Sichert die Bundesregierung das NRAHF nicht ab, riskieren wir, genau die Datengrundlage zu verlieren, die für die Zukunft der kardiovaskulären Forschung wegweisend und unverzichtbar ist“, warnt die Ärztin und Forscherin Constanze Pfitzer, wissenschaftliche Direktorin des NRAHF. Petition zeigt Wirkung – Anschlussförderung in Vorbereitung Seit dem Sommer fordern Patienten- und Elternorganisationen gemeinsam mit den kardiologischen Fachgesellschaften, der kinderherzen Fördergemeinschaft Deutsche Kinderherzzentren und dem NRAHF die finanzielle Absicherung des NRAHF. 15.430 Unterzeichnende unterstützten die Bundestagspetition Jedes Herz zählt, weit über 38.000 Unterschriften kamen über die Plattform innn.it und durch lokale Aktionen Betroffener und ihrer Angehörigen hinzu. Die öffentliche Kampagne zeigte Wirkung. Auf dieser Grundlage konnte das NRAHF Gespräche mit dem Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) aufnehmen; sie führten nun zu einem Förderantrag für die sinnvolle Anbindung des Best-Practice-Registers. Neue Chance für die registerbasierte Gesundheitsforschung Das NRAHF ist zuversichtlich. Parallel zur gesetzlichen Entwicklung stärkt die Bundesregierung die Vernetzung zentraler Forschungsstrukturen und fördert Initiativen, die eine bessere technische Anschlussfähigkeit von Registerdaten ermöglichen – etwa durch gemeinsame Standards für Datenqualität, Dokumentation und Interoperabilität. „Das eröffnet die Chance, bestehende Registerstrukturen mit hoher Datenqualität als Pilotprojekte in einer modernen Forschungsarchitektur zu verankern“, sagt Uebing. „Aufgrund seiner jahrzehntelangen Erfahrung im Umgang mit sensiblen Daten und in der patientenorientierten multizentrischen Forschung bietet das NRAHF ideale Voraussetzungen dafür.“ Übergang gesichert – politische Entscheidungen stehen aus Das NRAHF appelliert weiterhin an Bundesregierung und Bundestag, eine verlässliche Finanzierungslösung für das Register zu schaffen. Der Petitionsausschuss kann bis Februar über eine entsprechende Empfehlung entscheiden. Mit einer einmaligen Spende ermöglicht die Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie und Angeborene Herzfehler (DGPK) die Fortführung des Registerbetriebs über den Jahreswechsel hinaus. „Wir wissen diese außerordentlich wichtige Unterstützung sehr zu schätzen. Sie verhindert, dass es zum Forschungsbruch kommt und ermöglicht es, die zuletzt sehr erfolgreiche Bilanz der multizentrischen Registerforschung fortzusetzen“, erläutert Pfitzer. Parallel dazu werden die Gespräche mit dem BMFTR sowie mit Abgeordneten des Deutschen Bundestags über eine institutionelle staatliche Förderung des Registers fortgeführt. Ziel ist es, auf Grundlage der laufenden Gespräche und des politischen Beratungsprozesses zu einer tragfähigen Perspektive für die registerbasierte Forschung zu gelangen. „Die breite öffentliche Resonanz zeigt, dass die Zukunft der registerbasierten Forschung ein gesamtgesellschaftliches Anliegen ist. Nun gilt es, diesen Dialog verantwortungsvoll weiterzuführen und zu einer Lösung zu kommen“, betont Uebing.
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