Natürliche 3D-Wahrnehmung: Warum unser Gehirn nach Linien sucht16. Juli 2025 Neue Forschungsergebnisse zeigen, dass unser Gehirn 3D-Bilder mit Hilfe von Linienmustern aus Schattierungen erzeugt. Symbolbild.©natali_mis-stock.adobe.com Ein internationales Forschungsteam hat herausgefunden, dass das Gehirn mithilfe von Linienmustern aus Schattierungen dreidimensionale Bilder erzeugt. Eine Schattierung verleiht 3D-Formen Leben, indem sie die Form von Objekten um uns herum herausarbeitet. Obwohl die Schattierung für unsere Wahrnehmung so bedeutsam ist, haben Wissenschaftler lange gerätselt, wie das menschliche Gehirn sie nutzt. Ein Wissenschaftsteam der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) und der Yale University, USA, kam nun zu einer überraschenden Antwort: Unser Gehirn erzeugt 3D-Bilder mit Hilfe von Linienmustern aus Schattierungen. Die Ergebnisse der Studie wurden in der Fachzeitschrift „PNAS“ veröffentlicht. Schattierungsmuster skizzieren im Gehirn verschwommene Linien Bislang wurde angenommen, dass Menschen Schattierungen wie eine Maschine interpretieren, indem sie die Kombination aus Form und Beleuchtung quasi rückwärts konstruieren. Diese Berechnung ist selbst für leistungsstarke Computer herausfordernd – und das visuelle Gehirn ist dafür gar nicht ausgelegt. „Wenn das Gehirn Signale vom Auge erhält, ist einer der ersten Schritte der visuellen Verarbeitung, das Bild durch eine Reihe von „Kanten-Detektoren“ laufen zu lassen, die es wie auf einer Zaubertafel nachzeichnen. Unser Gehirn sucht also nach Linien“, erklärt der JLU-Wahrnehmungsforscher Prof. Roland W. Fleming, Sprecher des Exzellenzclusters TAM – The Adaptive Mind. „Wir haben uns gefragt, wie Schattierungsmuster für ein Gehirn aussehen würden, das nach Linien sucht.“ Die Forscher fanden heraus, dass Schattierungsmuster im Gehirn verschwommene Linien skizzieren, die den 3D-Kurven von Objekten folgen. Durch das Messen dieser Linien kann das Gehirn die 3D-Form konstruieren. Dabei zeigte sich, dass das Gehirn nicht wissen muss, wie Licht von Oberflächen reflektiert wird, um Schattierungen zu verstehen. Im Gegenteil: „Das Gehirn kümmert sich nicht darum, ob die Schattierung physikalisch korrekt ist“, so Fleming. Dies zeigten Untersuchungen mit künstlerischen Darstellungen von „seltsamen“ Schattierungen – Schattierungen, die die Regeln der Physik brechen, aber die gleichen Linienmuster haben wie echte schattierte Bilder. „Menschen erkennen die gleichen 3D-Formen aus diesen „seltsamen“ Bildern, was uns zeigt, dass es die Linien sind, die zählen“, erörtert Prof. Steven Zucker, Computerwissenschaftler an der Yale University. Theorie für schattierte Objekte gilt für viele Materialien Mit Hilfe von Computermodellen und Experimenten mit Versuchspersonen testeten die Forscher ihre Theorie und bestätigten die bemerkenswerte Beziehung zwischen den 3D-Formen, die Menschen wahrnehmen, und den 2D-Linienmustern, die eine Schattierung im Gehirn erzeugt. „Besonders vielversprechend ist, dass diese Theorie für schattierte Objekte aus einer Vielzahl von Materialien gilt – von matt bis chromglänzend. Das konnten bisherige Erklärungen zur visuellen Verarbeitung der Schattierung nicht leisten“, betont Fleming. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die visuelle Verarbeitung in der Frühphase, in der die „Kantendetektion“ beginnt, eine viel größere Rolle bei der Wahrnehmung spielt, als bisher angenommen. „Wir wissen nun, welche Informationen das Gehirn in Bildern betrachtet, um die 3D-Struktur der Welt zu verstehen“, sagt Celine Aubuchon, die Erstautorin der Studie. „Vielleicht sind deshalb künstlerische Techniken wie Schattierung und Kreuzschraffur für uns so ansprechend.“ Schließlich sind Zeichnungen – ein Versuch, die 3D-Welt als Bild darzustellen – oft aus skizzenhaften Linien und Konturen aufgebaut. Künftig möchten die Forschenden untersuchen, wie sich gelernte Beziehungen zwischen Linienmustern und 3D-Objekten auf unsere Wahrnehmung der Welt auswirken. Dazu nehmen sie nicht nur Schattierungen in den Fokus, sondern auch eine Vielzahl anderer visueller Hinweise.
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