Nebenwirkungsarmen Cortison-Alternativen auf der Spur2. September 2020 Prof. Henriette Uhlenhaut im Labor. (Foto: © A. Heddergott/TUM) Viele Menschen verwenden regelmäßig Cortison. Es kommt in der Behandlung von Rheuma, Asthma oder Multiple Sklerose aber auch von COVID-19 zum Einsatz. Steroid-Medikamente wie Cortison sind sehr effektiv, haben aber schwere Nebenwirkungen. Eine Münchener Arbeitsgruppe erforscht die Wirkung des Medikaments, um die Grundlage dafür zu legen, ähnlich wirkende Präparate mit geringeren Nebenwirkungen zu entwickeln. Die Arbeitsgruppe von Henriette Uhlenhaut, Professorin für Metabolic Programming an der TUM School of Life Sciences in Freising-Weihenstephan und Forscherin für Molekulare Endokrinologie am Helmholtz Zentrum München, befasst sich mit Glucocorticoiden. Weil die Immunabwehr durch den Glucocorticoid-Rezeptor so effizient ausgeschaltet werden kann, gehören synthetische Steroidpräparate wie Cortison zu den am häufigsten verschriebenen Medikamenten überhaupt – und das schon seit Jahrzehnten. Ziel: Moleküle mit entzündungshemmender Wirkung finden „Diese nützliche Eigenschaft ist leider mit starken Nebenwirkungen verbunden, da dasselbe Hormon beziehungsweise Medikament in anderen Zellen außerhalb des Immunsystems unterschiedliche Funktionen hat“, erklärt die Professorin. So wird zum Beispiel Muskelmasse reduziert oder Fett eingelagert. „Wie genau Steroidpräparate wirken, verstehen wir immer noch nicht“, sagt Uhlenhaut. Sie und ihr Team wollen daher die molekularen Mechanismen aufdecken, durch die Steroide wie Cortison Entzündungsreaktionen stoppen. Wenn die Wissenschaftler wissen, wie Cortison wirkt, also wie Entzündungs-Gene in Zellen des Immunsystems stummgeschaltet werden, können sie sich auf die Suche nach Molekülen machen, die dieselbe effektive entzündungshemmende Wirkung wie Cortison haben, aber weniger Nebenwirkungen. Gängige These widerlegt Die bisherige Meinung in der Wissenschaft lautete, dass die entzündungshemmende Wirkung dieser Steroide durch Protein-Protein-Wechselwirkungen zustande kommt. Es wurde angenommen, dass der Glucocorticoid-Rezeptor im Zellkern an andere entzündungsauslösende Proteine andockt, ohne die DNA zu berühren. Das Forschungsteam konnte nun mit einem neuen Mausmodell zeigen, dass anders als jahrelang angenommen, die DNA-Bindung notwendig ist, damit diese Medikamente wirken können. Ohne DNA-Bindung an Chromosomen, Chromatin oder an Gene durch den Glucocorticoid-Rezeptor bleibt diese Wirkung aus. Meilenstein für die Medikamentenentwicklung „Wir wissen jetzt, dass die DNA-Bindung eine wichtige Rolle spielt, haben aber immer noch keinen Weg gefunden, die Nebenwirkungen von den gewünschten Wirkungen zu trennen. Deswegen werden wir natürlich weiter forschen“, sagt Uhlenhaut. Auch bei COVID-19 sei noch nicht klar, worauf der Behandlungserfolg beruhe. Dazu sei weitere Forschung in dem Bereich notwendig. Bisher hatten sich viele Ansätze auf die Protein-Protein-Kontakte fokussiert, was vielleicht deren ausbleibenden Erfolg erklärt. Nachdem dieser Ansatz nun verworfen werden kann, wird die weitere Forschung im Hinblick auf die Medikamentenentwicklung von Cortison-Alternativen nun ihren Blick auf die DNA richten.
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