Netzhaut: Neues Bildgebungssystem kartiert Sauerstoffgehalt detailgenau

Das neue multimodale System kombiniert die optische Kohärenztomographie im sichtbaren Licht (VIS-OCT) mit der Phosphoreszenz-Lebensdauer-Ophthalmoskopie (PLIM-SLO), um detaillierte strukturelle Bilder zusammen mit quantitativen Messungen des Sauerstoffpartialdrucks (pO₂) zu erfassen. Illustration.© Nolen et al.

Ein US-Amerikanisches Team hat ein neues Dual-Bildgebungssystem entwickelt, welches gleichzeitig die Netzhautstruktur und den Sauerstoffgehalt der Kapillaren in lebenden Mäusen abbilden kann.

Die Netzhaut hat mit den höchsten Sauerstoffverbrauch aller Gewebe im Körper. Störungen in der Sauerstoffversorgung stehen im Zusammenhang mit Krankheiten wie Glaukom, altersbedingter Makuladegeneration und diabetischer Retinopathie. Den Sauerstoffgehalt in den feinen Kapillaren der Netzhaut nichtinvasiv zu messen, war aber bislang sehr schwierig.

Multimodales System ermöglicht Abbildung der Netzhautstruktur sowie Messung des Sauerstoffpartialdruckes  

Nun hat ein Team der Johns Hopkins University, Baltimore, USA, und der University of Pennsylvania, Philadelphia, USA, ein multimodales System entwickelt. Bei dieser Methode werden zwei fortschrittliche optische Techniken kombiniert, um sowohl die Netzhautstruktur als auch den Sauerstoffstoffwechsel in lebenden Mäusen abzubilden: Die optische Kohärenztomographie im sichtbaren Lichtbereich (VIS-OCT) und die Phosphoreszenz-Lebensdauer-Bildgebung mittels Scanning-Laser-Ophthalmoskopie (PLIM-SLO). Dabei ermöglicht die PLIM-SLO präzise Messungen des Sauerstoffpartialdrucks (pO₂) in Blutgefäßen. Der Ergebnisse der Untersuchungen wurden in der Fachzeitschrift „Neurophotonics“ veröffentlicht.

Um die Sauerstoffmessungen durchzuführen, injizierten die Forscher den Mäusen eine speziell entwickelte Sonde (Oxyphor 2P). Diese sei in der Lage ihre Phosphoreszenzlebensdauer in Abhängigkeit vom Sauerstoffgehalt zu verändern. Durch das Scannen des Auges mit kontrollierten Lichtimpulsen konnte das Team pO₂-Werte bis auf die Ebene einzelner Kapillaren berechnen. Gleichzeitig liefert der VIS-OCT-Kanal hochauflösende Bilder der Netzhautschichten und Blutflussmuster.

Die beiden Systeme wurden synchronisiert, um Daten über denselben optischen Pfad zu erfassen. Dadurch wurde sichergestellt, dass die Sauerstoffmessungen und Strukturbilder räumlich aufeinander abgestimmt werden.

Veränderungen der Sauerstoffversorgung der Netzhaut erfassbar

Tests an gesunden Mäusen zeigten, dass das System Veränderungen der Sauerstoffversorgung der Netzhaut als Reaktion auf unterschiedliche inhalierte Sauerstoffkonzentrationen verfolgen konnte. Wie erwartet, wurden in den Arteriolen höhere pO₂-Werte als in den Venolen ermittelt, wobei die Kapillarwerte typischerweise dazwischen lagen.

Die Messungen stimmten den Forschern zufolge auch mit der systemischen Blutsauerstoffsättigung überein. Zudem ergaben Sauerstoffdissoziationskurven, dass die Messungen der bekannten Hämoglobinphysiologie entsprachen. Wichtig sei auch, dass das Gerät auf verschiedene Tiefen der Netzhaut fokussieren könne, um lokale Kapillarwerte zu ermitteln.

Methode ist nichtinvasive und wiederholt auch über längere Zeiträume anwendbar

Die Forscher betonen, dass dieses Zweikanalsystem ein leistungsstarkes neues Werkzeug zur Untersuchung der Veränderung der Sauerstoffversorgung der Netzhaut bei Erkrankungen und während Behandlungen bieten könnte. Zudem weisen die Autoren weisen darauf hin, dass der Ansatz nichtinvasiv ist und wiederholte Messungen am selben Tier über einen längeren Zeitraum ermöglicht. Auch könnte es auch auf Mausmodelle für Netzhauterkrankungen angewendet werden, um zu untersuchen, wie mikrovaskuläre Dysfunktionen zum Verlust des Sehvermögens beitragen.

Die Forscher gehen davon aus, dass die Plattform mit weiteren Verfeinerungen – wie beispielsweise adaptiver Optik für schärfere Bilder – den Weg für verbesserte Diagnose- und Überwachungsstrategien bei Augenerkrankungen des Menschen ebnen könnte.

(sas/BIERMANN)