Neu entdeckter Wirt-Mechanismus bei Coronaviren

Zellkulturzellen, die einen Kinase-Aktivitätstreporter exprimieren (grün) nach Infektion mit dem humanen Coronavirus HCoV-229E (rot). Zellkerne sind blau gefärbt. Bilquelle: ©Molekulare und medizinische Virologie/RUB

Die Aktivität der JNK-Kinase ist offenbar ein wichtiger Faktor für die Vermehrung von Coronaviren im Wirt. Die Erkenntnisse könnten neue Möglichkeiten für antivirale Wirkstoffe eröffnen.

Ein Forschungsteam der Ruhr-Universität Bochum hat einen bislang unbekannten zellulären Mechanismus identifiziert, der für die Vermehrung von Coronaviren entscheidend ist. Die c-Jun N-terminale Kinase (JNK) wird während einer Infektion mit dem humanen Coronavirus HCoV-229E aktiviert und steuert die Phosphorylierung des viralen Nukleokapsid(N-)Proteins.

Die Ergebnisse, veröffentlicht in der Fachzeitschrift „npj Viruses“, tragen zum besseren Verständnis der Virus-Wirt-Interaktion bei. Langfristig könnten sie neue Ansätze für die Erforschung antiviraler Strategien eröffnen.

Blockierte Kinase, verringerte Virusproduktion

Das Team unter Leitung von Dr. Yannick Brüggemann und Prof. Eike Steinmann konnte mittels Live-Cell-Mikroskopie, quantitativer Immunfluoreszenz und biochemischen Analysen zeigen, dass JNK gezielt in infizierten Zellen aktiviert wird. Mit einem sogenannten Kinase Translocation Reporter (KTR) machten sie direkt sichtbar, dass die JNK-Aktivität rund 16 Stunden nach der Infektion stark zunimmt. Wird die Kinase mit spezifischen Inhibitoren blockiert, verringert sich die Virusproduktion signifikant – sowohl bei HCoV-229E als auch bei SARS-CoV-2.

In Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe von Prof. Michael Kracht an der Universität Gießen konnte das Team außerdem zeigen, dass JNK bestimmte Serin-Reste am N-Protein phosphoryliert. Diese Stellen sind bei verschiedenen Coronaviren konserviert. Das deutet darauf hin, dass JNK eine gemeinsame Rolle in der Replikation unterschiedlicher Virustypen spielt.

Ausgangspunkt für neue antivirale Wirkstoffe

„Unsere Daten heben die JNK-Kinase als wichtigen Wirtfaktor hervor, der direkt an der Modifikation des N-Proteins beteiligt ist – ein für die Viren kritischer Schritt in der Vermehrung“, erklärt Brüggemann. Steinmann ergänzt: „Dass die Inhibition von JNK die Vermehrung sowohl von HCoV-229E als auch von SARS-CoV-2 hemmt, unterstreicht das Potenzial dieses Signalwegs, künftig als Ausgangspunkt für neue antivirale Wirkstoffe.“

Seinen Ursprung nahm das Projekt im Rahmen des LAC Young Scientist Imaging Assay Jumpstarter Contests. Das Bochumer Team erhielt hier Zugang zu modernster Live-Cell-Mikroskopie und konnte so die entscheidenden Experimente durchführen.