Neuartige Operationen: Internationale Experten erarbeiten Leitfaden für vollumfänglich informierte Patienten22. Juli 2025 Symbolfoto: ©D Lahoud/peopleimages.com/stock.adobe.com Innovative Operationen können nicht nur bahnbrechend, sondern mitunter auch riskant sein. Um Patienten, die einen solchen Eingriff in Betracht ziehen, bei ihrer Entscheidung zu unterstützen, haben Experten einen Informationsleitfaden entwickelt. Die Erstellung des sogenannten Core Information Sets erfolgte unter Leitung des National Institute for Health and Care Research (NIHR) Bristol Biomedical Research Centre (BRC) und der Universität Bristol (Großbritannien). Veröffentlicht wurde er im „British Journal of Surgery“. Hintergrund ist, dass neue chirurgische Techniken und Geräte – im Gegensatz zu Medikamenten – ein weit weniger strenges Zulassungsverfahren durchlaufen müssen, bevor sie bei Patienten angewendet werden. Ziel: Mehr Sicherheit und Transparenz vor neuen Eingriffen Das Core Information Set besteht aus sieben ausführlichen Punkten, in denen dargelegt wird, was Patienten von ihrem Chirurgen oder Arzt vor der Durchführung innovativer Verfahren erfahren müssen. „Dies ist ein wichtiger Schritt, um aus Fehlern der Vergangenheit zu lernen, und könnte einen entscheidenden Beitrag zur Verbesserung der Patientensicherheit und Kommunikation bewirken“, sagt Angus McNair, Professor für Kolorektalchirurgie an der Medizinischen Fakultät der Universität Bristol und Co-Studienleiter. „Es werden robuste, konsistente und vollständig transparente Prozesse etabliert, um sicherzustellen, dass Patienten alle wichtigen und relevanten Informationen erhalten, die sie benötigen, einschließlich möglicher damit verbundener Risiken und anderer verfügbarer Alternativen, bevor sie sich für ein neues Verfahren entscheiden“, erklärt er. An der Erstellung des Core Information Sets haben Ärzte, Forscher, Juristen, Ethiker und regulatorische Experten aus aller Welt gemeinsam mit Patienten und der breiten Öffentlichkeit mitgewirkt. „Durch die Kombination ihrer Fähigkeiten, Erkenntnisse und Erfahrungen mit evidenzbasierter Forschung haben wir Kernstandards entwickelt, die – wenn sie international übernommen werden – bedeuten, dass chirurgische Innovationen weiter vorangetrieben werden können, ohne die Sicherheit oder Transparenz für irgendjemanden zu gefährden“, betont McNair. Sieben Kernpunkte für informierte Entscheidungen Die Beteiligten werteten mehr als 200 Forschungsarbeiten aus, auf deren Basis sie das Core Information Set erarbeiteten. Dieses schreibt vor, dass Chirurgen Folgendes mit ihren Patienten vor einer neuartigen Operation besprechen müssen: Was ist neu und anders an dem Verfahren? Mögliche Interessenkonflikte Gründe für die Innovation, einschließlich der Gründe, warum sie für den Patienten empfohlen wird Alternative Behandlungsmethoden Unbekannte Faktoren, einschließlich Unsicherheiten hinsichtlich der Sicherheit und Wirksamkeit sowie der Möglichkeit, dass der Chirurg das Verfahren während der Operation abbricht oder ändert Der Grad der Fachkenntnis und Erfahrung des Chirurgen mit der Innovation Steuerung, Aufsicht und Rechenschaftspflicht, einschließlich der Frage, wie die Sicherheit überwacht wird und wie der Patient entschädigt wird, wenn etwas schief geht. Fehleinschätzung neuer Verfahren als potenzielles Risiko Die Ergebnisse ihrer Erhebung ergaben systemische Mängel bei der Einholung eines informierten Konsents, bevor Patienten einer Operation mit neuen chirurgischen Techniken und medizinischen Geräten zustimmten. Als Beispiel nennen die Forscher implantierte Beckenbodennetze, die bei zahlreichen Frauen zu Komplikationen führten und in einigen Fällen ihr Leben nachhaltig beeinträchtigten. McNair erklärt: „Untersuchungen zeigen, dass Chirurgen ihren Patienten oft nicht mitteilen, dass sie eine bahnbrechende Technik anwenden, sodass diese nicht wissen, dass das Verfahren noch nicht vollständig erprobt ist. Wenn Chirurgen sagen, dass es sich um eine neue Technik handelt, zeigen die Ergebnisse auch, dass sie deren Vorteile möglicherweise überbewerten oder dass Patienten davon ausgehen, dass sie einfach deshalb besser sein muss, weil sie neu ist.“ Gesprächsgrundlage vor jeder innovativen OP Das Core Information Set, so McNair, soll Chirurgen und Klinikern eine Schritt-für-Schritt-Anleitung für die spezifischen Gespräche liefern, die sie vor und nach jedem neuen chirurgischen Eingriff mit den Patienten führen müssten. „Es erfasst alle verschiedenen Diskussionsbereiche, die sie abdecken müssen, damit ihre Patienten fundierte Entscheidungen treffen können und gegebenenfalls wissen, wie sie Hilfe und Unterstützung suchen können, falls später etwas schiefgehen sollte.“ Als nächstes soll nun untersucht werden, wie das Core Information Set am effektivsten umgesetzt und in den Prozess der gemeinsamen Entscheidungsfindung (Shared Decision Making) integriert werden kann.
Mehr erfahren zu: "Weniger Tote wegen Herzkrankheiten – dennoch warnen Experten" Weniger Tote wegen Herzkrankheiten – dennoch warnen Experten Es klingt nach einer guten Nachricht: Es gab 2023 etwas weniger Herztote in Deutschland. Trotzdem sind diese Zahlen laut Experten immer noch viel zu hoch – auch im europäischen Vergleich. […]
Mehr erfahren zu: "Steigende Kassenbeiträge: Warken schließt Leistungskürzungen nicht aus" Steigende Kassenbeiträge: Warken schließt Leistungskürzungen nicht aus Die Krankenversicherung steuert auf höhere Beiträge zu. Denn die Kosten steigen rasant. Nun schließt die zuständige Ministerin auch einen unpopulären Schritt nicht aus.
Mehr erfahren zu: "Mechanische Kreislaufunterstützung: Besseres Überleben in Kliniken mit hohen Fallzahlen" Mechanische Kreislaufunterstützung: Besseres Überleben in Kliniken mit hohen Fallzahlen Die Implantation eines Systems zur mechanischen Kreislaufunterstützung ist äußerst komplex. Eine aktuelle Studie zeigt, dass die Qualität des Eingriffs mit zunehmendem Behandlungsvolumen der Klinik steigt. „Practice makes perfect“, kommentiert die […]