Neue 3D-Drucktechnik: Hydrogele ahmen natürliche Gewebe nach15. September 2025 © momius – stock.adobe.com (Symbolbild) Forschende entwickeln eine biomimetische 3D-Druckmethode auf Basis der immersiven Phasentrennung, um personalisierte Implantate mit spezifischen mechanobiologischen Eigenschaften herzustellen. Gewebe wie Haut, Arterienwände oder Knorpel weisen ein nichtlineares versteifendes Dehnungsverhalten auf. Diese Fähigkeit, ihre Steifigkeit in Abhängigkeit von der Belastung zu regulieren, führt dazu, dass sie nach Überschreiten einer bestimmten Dehnungsschwelle exponentiell härter werden. Diese Eigenschaft ermöglicht es lebendem Gewebe, bei dynamischer Belastung essenzielle physiologische Funktionen zu erfüllen. So richten sich beispielsweise Kollagenfibrillen unter mechanischer Zugbeanspruchung neu aus, damit die Haut nicht überdehnt. Diese „hierarchische mechanische Responsivität“ ist charakteristisch für natürliche Gewebe. Synthetische Hydrogele, die als Bioimplantate genutzt werden, konnten dieses Verhalten bislang nicht nachbilden und weisen zudem Einschränkungen hinsichtlich struktureller Komplexität und Skalierbarkeit auf. Von einfachen Gießverfahren zu neuen architektonischen Anforderungen Eine Arbeitsgruppe um Prof. Zhilu Yang und Prof. Xuetao Shi konnte in früheren Arbeiten zeigen, dass Polyvinylalkohol-basierte Hydrogele mit kurzen Alkylketten (PVA-Cn-DS) durch eine lösungs-/nichtlösungsinduzierte Phasentrennung stabile physikalische Vernetzungen ausbilden. Diese Hydrogele zeigten ein versteifendes Dehnungsverhalten ähnlich dem von biologischem Gewebe und bildeten hierarchische Mikrostrukturen. Allerdings lassen sich mit den bisher verwendeten Gießverfahren nur einfache Geometrien wie Filme oder Folien herstellen, die für komplexe architektonische Strukturen ungeeignet sind. Bisher gab es zudem keine Studien, die den 3D-Druck von Hydrogelen mit komplexer Architektur und gleichzeitig natürlichem mechanischen Verhalten dokumentieren. Um diese Lücke zu schließen, untersuchten Yang und Shi mit ihrem Team systematisch die Druckparameter und Tintenformulierungen für die Erzeugung strukturell komplexer Hydrogele mit ausgeprägten mechanobiologischen Eigenschaften. Sie entwickelten den immersiven Phasentrennungs-3D-Druck (IPS 3DP), über den sie in der Fachzeitschrift „Research“ berichten. Ablauf des IPS 3DP: Dimethylsulfoxid (DMSO) wird langsam in eine Lösung aus Lösungsmittel und Nichtlösungsmittel injiziert, wodurch das Gerüst entsteht. Abbildungen B und C zeigen die Reaktionsgleichung des IPS 3DP und Fotografien von Proben eines auf Polyvinylalkohol (PVA) mit kurzen Alkylketten basierenden Hydrogels (PVA-C5-DS) sowie der vom Forschungsteam erzeugten IPS-3DP-Tinte, ergänzt durch eine repräsentative Abbildung des Druckprozesses. Panel D verdeutlicht ein ternäres System aus PVA-C5-30/DMSO/Wasser, während Panel E durch IPS 3DP erzeugte Gerüste zeigt, die mit unterschiedlichen Materialien wie Hydroxylapatit (HA), Kohlenstoffnanoröhren (CNT) oder Kupferpulver modifiziert wurden. (© Prof. Zhilu Yang, Southern Medical University, China, und Prof. Xuetao Shi, South China University of Technology, China) Yang hebt hervor: „Durch die Nutzung der spezifischen Phasentrenndynamik von PVA-Cn-DS haben wir eine neue Direct-Ink-Writing-Technologie entwickelt. Die Innovation besteht darin, die Kinetik des Lösungsmittelaustauschs gezielt zu steuern, also die Geschwindigkeit, mit der das Lösungsmittel – etwa DMSO in der Polymer-Tinte – in das Koagulationsbad diffundiert und dadurch Phase Separation und Gelbildung induziert.“ Mit dieser Steuerung konnten strukturell komplexe Formen erzeugt werden, ohne deren mechanische Eigenschaften zu beeinträchtigen. Optimierung der Druckparameter für komplexe Hydrogelstrukturen Durch Variation der Tinten- und DMSO-Konzentrationen ermittelten die Forschenden eine empirische Beziehung, die den Lösungsmittelaustausch optimal reguliert und damit eine angemessene Gelationszeit nach der Extrusion gewährleistet. Shi erläutert: „Mithilfe dynamischer hydrophober Wechselwirkungen und Lösungsmittelaustauschprozesse ermöglicht IPS 3DP eine multiskalige Kontrolle der Porenarchitektur (5–200 µm) und anisotroper Mikrokanäle bei gleichzeitiger Erhaltung der charakteristischen J-förmigen Spannungs-Dehnungs-Kurven (Bruchspannung etwa 0,7 MPa; Dehnung > 1000 Prozent).“ Zudem erlaubt das im Prozess entstehende vollständig vernetzte Netzwerk eine Wiederverwertung von über 95 Prozent des Materials, sodass Materialverluste bei Druckfehlern stark reduziert werden. Die auf PVA-Cn-DS basierenden Materialien sind biologisch inert, während das IPS-3DP-Tintensystem als flexible Plattform dient, um deren Funktionalität durch anorganische Füllstoffe wie Hydroxylapatit, Kohlenstoffnanoröhren oder Kupferpulver gezielt zu erweitern. So lassen sich zum Beispiel elektrische Leitfähigkeit oder osteoinduktive Eigenschaften verbessern. Yang betont die klinischen Perspektiven dieser Entwicklung: „Diese Fortschritte etablieren IPS 3DP als transformative Plattform für patientenangepasste Bioimplantate und adaptive weiche Robotik.“ So eröffnet IPS 3DP neue Möglichkeiten für die Herstellung strukturell komplexer und funktionell spezialisierter biomimetischer Systeme, die individuell auf einzelne Patienten zugeschnitten werden können. (ins)
Mehr erfahren zu: "Neue Angriffspunkte des Immunsystems auf Melanomzellen identifiziert" Neue Angriffspunkte des Immunsystems auf Melanomzellen identifiziert Forschende beschreiben in einer in „Cell“ veröffentlichten Studie Vertiefungen auf der Oberfläche von Melanomzellen, die als zentrale Immunareale fungieren und offenbar Hauptorte der Tumorzerstörung darstellen.
Mehr erfahren zu: "Mit Toxinen beladene Nanopartikel gelangen über die Haut in den Körper" Mit Toxinen beladene Nanopartikel gelangen über die Haut in den Körper Nanoplastik gelangt auch über die Haut in den Körper. Forschende aus den USA zeigen, wie Meereswasser-exponierte Partikel mit Immunzellen der Haut interagieren.
Mehr erfahren zu: "Hamburg: Organspenden in 2024 gestiegen" Hamburg: Organspenden in 2024 gestiegen Viele Patienten warten lange und auch vergeblich auf ein rettendes Spenderorgan. In Hamburg gab es 2024 wieder mehr Spenden. Ein Organ ist besonders oft transplantiert worden, wie die Deutsche Stiftung […]