Neue Behandlungskonzepte bei rheumatischen Gelenkentzündungen: völlige Beschwerdefreiheit als erreichbares Ziel

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Entzündlich-rheumatische Erkrankungen sind zwar bislang nicht heilbar, mit einer Reihe neuartiger Wirkstoffe ist es jedoch mittlerweile möglich, die Krankheitsaktivität so weit zu senken, dass die meisten Betroffenen ein beschwerdefreies Leben mit vollständig erhaltener Lebensqualität führen können.

Ein wichtiger Wendepunkt in der Rheumatherapie war die Einführung der Biologika vor rund 20 Jahren. „Diese Substanzgruppe hat aufgrund ihrer Wirksamkeit und Verträglichkeit die Behandlung der rheumatischen Gelenkentzündungen revolutioniert“, sagte Prof. Andreas Krause, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), auf der Pressekonferenz des Rheumakongresses.

In den vergangenen Jahren ist mit den Januskinase-Inhibitoren (JAKi) noch eine weitere Substanzgruppe hinzugekommen, die bei vergleichbarer Wirksamkeit deutlich einfacher anzuwenden ist. Im Gegensatz zu den Biologika, die gespritzt werden müssen, können JAKi als Tabletten eingenommen werden. „Mithilfe dieser vielfältigen Therapieoptionen können immer mehr Rheuma-Betroffene das Ziel der Remission, also der vollständigen Beschwerdefreiheit, erreichen“, so Krause, der Ärztlicher Direktor und Chefarzt am Immanuel Krankenhaus Berlin ist.

Neben der Rheumatoiden Arthritis kann auch die Psoriasisarthritis, die in Verbindung mit einer Schuppenflechte auftreten kann, häufig zu Gelenkproblemen. „Die medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten für die Psoriasis und die Psoriasisarthritis haben sich in den letzten Jahren so stark verbessert wie für keine andere rheumatische Erkrankung“, betonte Krause. Mit den bereits länger etablierten TNF-alpha-Inhibitoren sowie den erst in den vergangenen Jahren zugelassenen IL-17- und IL-23-Antagonisten stünden mittlerweile drei Biologikagruppen zur Verfügung, die je nach Beschwerdebild differenziert eingesetzt werden könnten. In Studien erwiesen sich die beiden neueren Substanzgruppen als besonders effektiv bei der Behandlung der Psoriasis-typischen Hautveränderungen, die IL-23-Antagonisten scheinen darüber hinaus auch sehr gut gegen die schmerzhaften Entzündungen der Sehnenansätze zu wirken. Gegen die Gelenkentzündungen können alle drei Biologikagruppen mit vergleichbarem Erfolg angewendet werden. „Darüber hinaus sind inzwischen auch zwei JAKi für die Therapie der Psoriasisarthritis zugelassen, ebenfalls mit vergleichbar guter Wirksamkeit“, so Krause.

Psoriasis(Arthritis): Nationale Leitlinie in Sicht

Wie diese Substanzen bei Psoriasis-Patienten eingesetzt werden, richtet sich nach der individuellen Ausprägung der Erkrankung. Während manche Patienten ausschließlich an Hautveränderungen leiden, treten bei anderen auch Entzündungen an Gelenken, Sehnen, Augen oder Darm auf. Hier können die unterschiedlichen Wirkstoffe quasi ihre Stärken ausspielen – auch hier mit dem Ziel der vollständigen Remission. „Empfehlungen dazu, welche Befallsmuster mit welchen Medikamenten in welcher Reihenfolge behandelt werden sollten, sind gerade in Arbeit“, erläuterte Krause. Sie werden voraussichtlich im nächsten Jahr in Form einer nationalen Leitlinie veröffentlicht.

Weil bei entzündlich-rheumatischen Gelenkerkrankungen immer häufiger eine lang anhaltende Beschwerdefreiheit erreicht werde, drängen sich neue Fragen in den Vordergrund. „Sowohl bei Patienten als auch bei den behandelnden Rheumatologen kommt die Frage nach einer möglichen Lockerung der Therapie auf“, sagte Krause. In Studien habe sich mittlerweile gezeigt, dass es bei vielen Patienten mit mindestens sechs Monaten anhaltender Remission möglich sei, die Medikamentendosis zu reduzieren. Bei einer Halbierung der Dosis blieben etwa zwei Drittel der Patienten beschwerdefrei. Ein komplettes Absetzen der Medikamente sei dagegen nicht zu empfehlen, betonte der DGRh-Präsident – bei zwei von drei Patienten mit Rheumatoider Arthritis sei es dann innerhalb eines Jahres zu einem Wiederaufflammen der Beschwerden gekommen.