Neue biomimetische Sprechventil-Technologie entwickelt21. November 2024 Biologisches Vorbild und biomimetisches Produkt im direkten Vergleich. Die Struktur und Geometrie Falltür (links) wurden auf die Membran (rechts) übertragen. Ab einem Überdruck zwischen 40-50 mbar schnellt die Membran auf und lässt die Luft über das Pfeifenmodul entweichen. Bild: Universität Freiburg Freiburger Forschende haben eine neuartige biomimetische Sprechventil-Technologie entwickelt, die die Sicherheit für Patienten mit Luftröhrenschnitt erheblich erhöhen könnte. Vorbild für die Technik war eine Wasserpflanze. Die Herausforderung: Bei unsachgemäßem Gebrauch von herkömmlichen Sprechventilen kann gefährlicher Überdruck entstehen, der schwere Komplikationen bis zum Tod verursachen kann. In einer Kooperation zwischen dem Botanischen Garten Freiburg, dem Universitätsklinikum und dem Exzellenzcluster livMatS der Universität Freiburg entwickelten die Forschende ein Sprechventil mit integriertem Überdruckventil und akustischem Warnsignal. Inspiriert wurde die Technik von der Fangmechanik der Wasserschlauchpflanze Utricularia vulgaris. Utricularia vulgaris, auch als Wasserschlauch bekannt, ist eine fleischfressende Pflanze, die ihre Beute über spezielle Fangblasen einfängt und seit vielen Jahren in der Arbeitsgruppe von Prof. Thomas Speck intensiv studiert wird. Diese Blasen erzeugen einen inneren Unterdruck und werden durch eine spezielle „Fall(en)tür“ verschlossen. Wenn kleine Lebewesen die feinen Fühlhaare an der Außenseite der Tür berühren, öffnet sich diese innerhalb von 0.5 Millisekunden nach innen. Diese schnelle und zuverlässige Öffnungsmechanik der Falle ermöglicht das Einströmen von Wasser, das die Beute mit sich zieht, danach verschließt sich die Fallentür wieder durch einen elastischen Rückstellmechanismus. Links: Fangblase der Wasserschlauchpflanze (Utricularia vulgaris) im geschlossenen Zustand. Die Pflanze erzeugt durch eine 0,5 ms schnelle Öffnungsbewegung bei Reizung Sensorhaare einen plötzlichen Unterdruck, um kleine Lebewesen in ihre Fangblase einzusaugen. Rechts: Biomimetisches Sprechventil mit integriertem Überdruckventil, das nach dem Vorbild der Pflanze gestaltet wurde. Eine flexible Membran öffnet sich bei kritischem Druck und gibt gleichzeitig durch die über eine Pfeife entweichende Luft ein akustisches Warnsignal ab, das das medizinische Personal alarmiert. Bild: Universität Freiburg. Dieses Prinzip übertrug das Forschungsteam auf das neue Überdruckventil: Eine flexible Membran ahmt die Öffnungsbewegung der Pflanzenfalle nach und reagiert auf kritische Druckanstiege im Sprechventil. Beim Erreichen eines bestimmten Druckniveaus, welches durch Dicke und Struktur der Membran variiert werden kann, öffnet sich die Membran und lässt überschüssige Luft kontrolliert entweichen. Die Luft durchströmt dabei eine Pfeifenmodul hinter der „Falltür“ dadurch entsteht ein akustisches Signal – ein Warnsignal für das medizinische Personal, das sofort auf mögliche Gefahrensituationen aufmerksam macht. „Dieses innovative Überdruckventil öffnet sich automatisch, wenn kritischer Druck erreicht wird, und gibt dabei ein deutlich hörbares Warnsignal ab,“ erklärt Dr. Falk Tauber, Co-Autor und Projektleiter. Die Konstruktion sichert so eine rechtzeitige Druckentlastung und alarmiert das medizinische Personal, um schnelle Hilfe zu gewährleisten. Bionische Lösung für klinisches Problem Die unmittelbare Anregung zu diesem innovativen Konzept stammt aus sogenannten CIRS-Berichten. In diesem Berichts- und Lernsystem des Universitätsklinikums können kritische Situationen in der Patientenversorgung sanktionsfrei berichtet werden und deren Lernpotential in konkrete Lösungen für eine Verbesserung der Patientensicherheit umgesetzt werden. „Für uns war es ein Glücksfall, dass wir auf das kreative Potential unserer Partner im botanischen Garten und Exzellenzcluster aufmerksam wurden und mit ihnen diese elegante bionische Lösung für ein handfestes klinisches Problem entwickeln konnten“, sagt Dr. Claudius Stahl, Co-Autor und Facharzt für Anästhesiologie am Universitätsklinikum Freiburg. Der biomimetische Ansatz ermöglicht die flexible Anpassung des Öffnungsdrucks, sodass das Ventil an die individuellen Bedürfnisse der Patient angepasst werden kann. Diese Entwicklung wurde von der Universität Freiburg zum Patent angemeldet.
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