Neue Erkenntnisse zu polymikrobiellen Infektionen bei chronischen Lungenerkrankungen

Die Autoren einer neuen Studie teilen polymikrobielle Infektionen der Lunge in zwei Typen ein: als hierarchische oder als stochastische Netzwerke. (Abbildung: © Mi_viri/stock.adobe.com)

Ein internationales Forschungsteam hat bei Mukoviszidose zwei verschiedene Typen polymikrobieller Infektionen identifiziert, die sich unterschiedlich verhalten und voraussichtlich auch unterschiedlich auf Therapien reagieren.

Chronische Lungenerkrankungen wie COPD, Asthma oder Mukoviszidose (Cystische Fibrose) betrafen im Jahr 2019 global 454,6 Millionen Menschen. Einen wesentlichen Faktor stellen polymikrobielle Infektionen der Atemwege dar, bei denen sich bakterielle Lebensgemeinschaften in der Lunge etablieren, die schwer zu behandeln sind. Diese Infektionen sind häufig mit wiederkehrenden akuten Exazerbationen (PEx) assoziiert, die den Krankheitsverlauf negativ beeinflussen.

Eine aktuelle Studie unter der Leitung von Stefanie Widder von der Medizinischen Universität (MedUni) Wien (Österreich) in Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen um John J. LiPuma von der University of Michigan Medical School Ann Arbor (USA) hat sich der Charakterisierung dieser krankheitsbeschleunigenden Mikrobiota (Dysbiosen) im Krankheitsmodell der Mukoviszidose gewidmet und deren ökologische Netzwerke untersucht. Ziel war es, Hypothesen zu entwickeln, die präzisere Behandlungsstrategien für Personen mit chronischen Lungenerkrankungen ermöglichen.

Zwei unterschiedliche Dysbiose-Typen

Dafür wurden über einen längeren Zeitraum Sputumproben von Mukoviszidose-Patienten gesammelt, sequenziert und anschließend mit computergestützten Modellen von Widder (Universitätsklinik für Innere Medizin I der MedUni Wien, Forschungsabteilung Infektionsbiologie) analysiert. Dabei entdeckt man zwei unterschiedliche Dysbiose-Typen, die sich grundsätzlich in ihrer Organisation unterscheiden: und zwar als hierarchische oder stochastische Netzwerke. Diese strukturellen Unterschiede der Mikrobiota haben weitreichende Konsequenzen: Anhand der Sequenzdaten konnte gezeigt werden, dass gefährliche Keime wie Pseudomonas aeruginosa oder Staphylococcus aureus nur dann wichtige Treiber der Infektion waren, wenn sie an der Spitze der Hierarchie standen. Andernfalls zeigten sie eine eher zufällige Dynamik, was darauf hindeutet, dass sie unter solchen Bedingungen weniger entscheidend für den Infektionsverlauf sein könnten.

Computermodell sagt unterschiedliches Reagieren auf Behandlungen voraus

Außerdem reagieren die beiden Dysbiose-Typen wahrscheinlich unterschiedlich auf Behandlungen. Ein vereinfachtes Computermodell, das den Effekt antimikrobieller Medikamente auf pathogene Keime simulierte, sagte eine bessere Wirksamkeit bei hierarchisch organisierten Mikrobiota voraus. Beide Aspekte sind für Betroffene und deren Behandlungsteams von großer Bedeutung: „Unsere Studie offenbart einen datenbasierten, kausalen Zusammenhang zwischen PEx, mikrobieller Ökologie und einem Behandlungserfolg“, erklärt Studienleiterin Widder. „Die Erkenntnisse bilden eine wichtige Grundlage für weiterführende translationale Forschung an einem personalisierten Management von Dysbiosen, sowohl bei Cystischer Fibrose als auch bei anderen obstruktiven Lungenerkrankungen.“