Neue Forschungsergebnisse zu lebensgefährlicher Erkrankung der Babylunge

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Leipziger Mediziner berichten aktuell über wichtige Fortschritte bei der Erforschung der angeborenen Zwerchfellhernie, die sie erzielt haben.

Das Team um Dr. Richard Wagner von der Universitätsmediizin Leipzig fand heraus, dass die gefährliche Fehlbildung der Neugeborenenlunge mit entzündlichen Prozessen und einem vermehrten Auftreten von Immunzellen einhergeht. In einer weiteren Studie belegen die Forschenden gemeinsam mit Kollegen aus Kanada, dass Komponenten aus Fruchtwasser-Stammzellen eine entzündungshemmende Wirkung entfalten können.

Lungenreifung lässt sich mit Medikation verbessern

Etwa eines von 2500 Kindern wird mit einer Zwerchfellhernie geboren. Sie führt über bislang ungeklärte Prozesse dazu, dass sich die Lunge bis zur Geburt nicht voll entwickeln kann. Knapp ein Drittel der betroffenen Babys stirbt daran. „Dass die angeborene Lungenunterentwicklung bei Zwerchfellhernie auf molekularer Ebene in Verbindung mit entzündlichen Prozessen steht, wissen wir, seitdem wir die molekularen Eigenschaften von Stammzellen aus normalen und unterentwickelten Lungen betroffener Patient:innen verglichen haben”, erläutert PD Dr. Richard Wagner, Assistenzarzt und Forschungsgruppenleiter für Kinderchirurgie der Universitätsmedizin Leipzig. „In der Studie konnten wir zeigen, dass die Lungenreifung durch eine medikamentöse Therapie mit Dexamethason deutlich verbessert werden kann”, erklärt der Kinderchirurg. Das Steroid wird im klinischen Alltag bereits bei Schwangeren eingesetzt, wenn sich eine Frühgeburt abzeichnet. Es sorgt dafür, dass sich die Lunge des Fötus dann noch rechtzeitig bestmöglich entwickelt.

Immunzellen in den unterentwickelten Lungen

„Inzwischen konnten wir in einer weiteren Studie feststellen, dass es vor allem die Epithelzellen der Lunge sind, die entzündlich betroffen sind”, so der Wissenschaftler. Sie kommen in Kontakt mit dem Fruchtwasser kommen. Die Entzündung könnte erklären, warum die Entwicklung der Lunge stockt. „Wenn ein Organ während der Entwicklung mit einer Entzündungsreaktion zu kämpfen hat, kommen Organdifferenzierung und Wachstum zu kurz”, erklärt Wagner. Im Tiermodell und in Lungen von Patientinnen fanden die Forschenden dort spezifische pro-entzündliche Signal-Prozesse vor, die mit einer Anreicherung von Makrophagen korrelieren. Warum diese vermehrt in die kindliche Lunge wandern und möglicherweise die Entzündungen auslösen, ist noch nicht bekannt.

Zellkomponenten aus Fruchtwasser wirken anti-entzündlich

Von einer etwas anderen therapeutischen Richtung nähern sich Wissenschaftler in Toronto (Kanada) der Thematik, mit denen die Leipziger Forschenden zusammenarbeiten. In einer kürzlich veröffentlichten Studie fanden auch sie entzündliche Prozesse und vermehrte Immunzellen im Tiermodell für die angeborene Zwerchfellhernie. Wirksam gegen die entzündlichen Veränderungen erwiesen sich extrazelluläre Vesikel aus Stammzellen, die die Forschenden aus dem Fruchtwasser isoliert und vermehrt hatten. Diese Vesikel sind Zellkomponenten, die von Zelle zu Zelle wandern und dabei komplexe Informationen transportieren – darunter auch genetische Baupläne, wie zum Beispiel „RNA-Partikel“. Die Wissenschaftler stellten im Tiermodell fest, dass wenn sie werdenden Muttertieren solche Vesikel verabreichten, die Entzündung zurückging und sich die Lunge der Föten wieder normaler entwickeln konnte. Eine mögliche Therapie mit dieser Methode für Menschen sei jedoch fern: „Dafür muss noch umfassend geprüft werden, wie genau die Vesikel etwa auf andere Organsysteme des Fötus wirken“, formuliert Wagner.