Neue GOÄ: Einzelhonorarvereinbarungen als letzte Möglichkeit26. September 2022 Daniela Schultz-Lampel, Klinikdirektorin des Kontinenz- und Beckenboden-Zentrums am Schwarzwald-Baar Klinikum in Villingen-Schwenningen. Foto: Schwarzwald-Baar Klinikum Die neue Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) wird wahrscheinlich im Herbst in einzelnen Praxen geprüft. Wird sie von der Politik nicht anerkannt, dann droht die “kalte” Einführung. Beim 74. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU) in Hamburg berichtete Prof. Daniela Schultz-Lampel, Villingen-Schwenningen, beim Eröffnungs-Plenum am 21.09.2022 über den aktuellen Stand der GOÄ-Novelle und der Aktualisierung des Katalogs für Ambulante Operationen (AOP; vollständiger Titel: Katalog ambulant durchführbarer Operationen und sonstiger stationsersetzender Eingriffe gemäß § 115b SGB V im Krankenhaus). Die Urologin bezog sich auf ein Online-Gespräch von Dr. Klaus Reinhardt, des Präsidenten der Bundesärztekammer (BÄK), mit den ärztlichen Berufsverbänden im Juli. Demnach soll es im Herbst eine Testphase für die neue GOÄ geben, bei der ausgewählte Praxen zur Evaluation des Preiseffektes parallel nach alter und neuer GÖÄ abrechnen. Gegebenenfalls sollen Nachbesserungen möglich sein. “Wir haben noch nicht gehört, ob das stattfinden wird und welche Praxen das sein sollen”, schränkte Schultz-Lampel ein. Für die Ärzte schrumpft dabei der erhoffte Leistungszuwachs immer mehr. Beim SpiFa-Tag 2019 hatte der BÄK-Präsident noch „37 Prozent über alles“ gefordert. SpiFa-Präsident Dr. Dirk Heinrich zeigte sich damals prophetisch: „Das Bittere wird sein, dass wir nicht 37 Prozent bekommen werden.“ In Hamburg stellte Schultz-Lampel fest: “Ob die erhoffte Steigerung von 18 bis 20 Prozent der Einnahmen durch die neue GOÄ umgesetzt wird , ist eher fraglich.” Voraussichtlich würden sechs bis sieben Prozent erreicht. Damit wäre dann schon fast der Betrag erreicht, den die Politik den Ärzten ursprünglich zugestehen wollte: 5,8 Prozent. In dem Gespräch mit Reinhardt sei überdies nicht klar geworden, ob die GOÄ-Novelle überhaupt verabschiedet wird, berichtete Schultz-Lampel weiter. “Wenn diese GOÄ nicht kommt, dann hat Herr Reinhardt bereits ein Szenario angedeutet: Dann wird es wahrscheinlich eine kalte Einführung der GOÄ geben, das heißt, wir werden individuelle Einzelhonorarvereinbarungen auf der Basis der Neuberechnungen mit den Patienten treffen müssen.“ Bereits beim Fachärztetag des Spitzenverbandes Fachärzte Deutschlands (SpiFa) am 31. März hatte Reinhardt betont, dass es die Möglichkeit der freien Vereinbarung bereits jetzt gebe (wir berichteten). Damals hatte er sich aber noch zuversichtlich gezeigt, dass Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach (SPD) den Ärzten keine weitere 16 Jahre mit der alten GOÄ zumuten werde. Dass inzwischen mehr als ein halbes Jahr verstrichen ist, könnte die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass die Ärzte die “kalte GOÄ-Einführung” wahr machen. Mehr ambulant mögliche Operationen schon Ende des Jahres Aktualisiert werden soll auch der AOP-Katalog. Grundlage dafür ist das IGES-Gutachten zum ambulanten Operieren vom April 2022, das 2500 neue AOP-Leistungen aufführt, davon 162 in der Urologie. Laut Schultz-Lampel hat die DGU eine Stellungnahme dazu abgegeben, in der sie alle 162 Operationen einzeln begutachtet. Doch damit nicht genug, wusste das DGU-Vostandsmitglied: „Wahrscheinlich wird es zwischen ambulant und stationär noch ein drittes Ding geben, die klinisch-ambulante Versorgung. Das sind im Prinzip Eingriffe, die theoretisch ambulant möglich sind, die aber die medizinisch-technische Ausstattung eines Krankenhauses brauchen und für die diese Hybrid-DRGs (…) berechnet werden” – wobei noch niemandem klar ist, was die Koalitionspartner mit dem Begriff “Hybrid-DRGs” genau meinen. “Die Ambulantisierung wird kommen, es wird ein stufenweises Vorgehen sein”, schloss Schultz-Lampel. “Wahrscheinlich wird es schon zum Ende diesen Jahres einige Katalogerweiterungen geben, weitere werden folgen, parallel dazu wird es Neuberechnungen der bestehenden AOP-Leistungen geben.” Fazit: In der Frage “AOP und GOÄ: Alles wird gut?”, mit welcher der Beitrag der Urologin überschrieben war, “muss das Fragezeichen noch bleiben“. (ms)
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