Neue Hüfte ermöglicht wieder schmerzfreien Sex9. Juli 2021 Einschränkungen der Sexualfunktion durch stark arthrotisch veränderte, schmerzhafte Hüftgelenke sollten deshalb stärker bei der Indikation für eine Hüftprothese berücksichtigt und nicht tabuisiert werden. Foto: B. BOISSONNET / BSIP – stock.adobe.com Ein künstliches Hüftgelenk kann die sexuelle Zufriedenheit von Frauen deutlich verbessern, wenn zuvor Beweglichkeit und Bewegungsumfang der Hüfte durch schwere Arthrose behindert und schmerzhaft waren. Zu diesem Schluss kommt eine aktuell publizierte kolumbianische Studie an 56 Frauen im Durchschnittsalter von 58 Jahren (1). Einschränkungen der Sexualfunktion durch stark arthrotisch veränderte, schmerzhafte Hüftgelenke sollten deshalb stärker bei der Indikation für eine Hüftprothese berücksichtigt und nicht tabuisiert werden, sagt die AE – Deutsche Gesellschaft für Endoprothetik e.V.. Entsprechend könnten die geeignetste OP-Methode und das passende Implantat gewählt werden. Wer vor einer Hüftoperation steht, leidet meist an starken Schmerzen und deutlichen Bewegungseinschränkungen. Laut der American Association of Hip and Knee Surgeons (AAHKS) haben 75 Prozent der Patienten mit schmerzhafter Hüftarthrose ihre sexuelle Aktivität eingeschränkt oder sogar ganz eingestellt (2). Für die Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist sexuelle Gesundheit jedoch eng mit Wohlbefinden und Lebensqualität verbunden (3). „Die Möglichkeit, schmerzfrei und unbeschwert Sexualität ausüben zu können, gehört zu einem guten Leben dazu“, betont auch Prof. Karl-Dieter Heller, AE-Präsident und Ärztlicher Direktor der Orthopädischen Klinik am Herzogin Elisabeth Hospital in Braunschweig. „Sexualität kann bis ins hohe Alter eine wichtige Rolle für den Einzelnen spielen – und damit auch für unsere Patienten.“ Vor dem Einsatz eines künstlichen Hüftgelenks sollte das Thema Sex daher offen besprochen werden. Denn die Fortschritte bei OP-Techniken und Implantaten erlauben heute einen deutlich größeren Umfang an Hüftbeugung, -drehung und -spreizung und haben damit auch das Spektrum der möglichen Sexpositionen mit Hüftersatz erweitert. „Zum einen verringern minimalinvasive Operationszugänge das Verletzungsrisiko von Muskeln“, berichtet Heller. „Und je nach gewähltem Zugang kann man den Patienten davor schützen, dass bei bestimmten Bewegungen der Prothesenkopf aus der Hüftpfanne springt.“ Die Angst vor einer solchen schmerzhaften Luxation, die bei einer Erstoperation in ein bis drei Prozent aller Fälle vorkommt, kann das Sexleben stark einschränken, erläutert Prof. Carsten Perka, Generalsekretär der AE und Ärztlicher Direktor des Centrums für Muskuloskeletale Chirurgie an der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Dabei gelte: „Je erfahrener der Operateur, desto weniger Luxationen.“ Die Wahl des richtigen Implantats, dessen Positionierung, der Schutz der Muskulatur und die Anpassung an die individuellen anatomischen Verhältnisse führten dazu, dass die Hüfte in allen Richtungen frei beweglich und dennoch stabil sei, so Perka weiter. Auch verwenden Chirurgen mittlerweile eher größere Hüftköpfe. „Ab 32 mm Durchmesser minimieren sie die Luxationsneigung“, erläutert der Chirurg. Trotzdem gelte es, zwei wichtige Regeln zu beherzigen. Erst nach etwa drei Monaten ist die schützende Kapsel um das Hüftgelenk wieder voll ausgebildet. „Eine Hüftprothesenluxation droht deshalb vor allem in der Frühphase nach der Operation, wenn Kapsel und Muskulatur um das Gelenk noch sehr instabil sind“, erklärt AE-Präsident Heller. Deshalb gelte es, in dieser ersten Zeit nichts zu überstürzen und den Geschlechtsverkehr nur schrittweise und behutsam wieder aufzunehmen. Großer Krafteinsatz sei unbedingt zu vermeiden. Je nach gewähltem Operations-Zugang sind bestimmte Bewegungsrichtungen erst später wieder erlaubt, auch sollte das maximale Bewegungsspektrum zunächst nicht voll ausgeschöpft werden. „Bei Schmerzen sofort stoppen und gegebenenfalls die Position wechseln“, betont Heller. Eine schonende Sexstellung sei dann etwa, wenn beide Partner auf dem Bauch übereinander mit ausgestreckten Beinen liegen oder sich im Stehen von hinten begegnen. Auch die Missionarsstellung sollte nur mit mäßig gebeugten und geöffneten Beinen eingenommen werden. Der beliebte „Doggy-Style“ wiederum sei auch später für operierte Frauen weniger geeignet. Die andere Regel sei Offenheit gegenüber dem Arzt. „Es ist wichtig, bereits vor der OP mit dem Arzt zu besprechen, was beim Sex erlaubt ist“, meint Heller. Sofern extreme Beugebewegungen sowie starke Außen- und Innenrotationen beim Sex vermieden werden, stehe ein großes Spektrum an möglichen Liebesstellungen zur Verfügung, sagt Perka. Und er ergänzt: „Wir glauben, dass die Wiedererlangung der Sexualfunktionen in der Hüftendoprothetik eine viel größere Bedeutung hat, als dies gemeinhin diskutiert wird.“ Quellen:1. Bonilla, G., Asmar, M.A., Suarez, C. et al. The impact of total hip arthroplasty on sexual satisfaction in female patients: a prospective before-and-after cohort study. International Orthopaedics (SICOT) (2021). 2. https://hipknee.aahks.net/a-guide-to-returning-to-sexual-activity-following-total-hip-and-knee-replacement/ 3. World Health Organization: Defining sexual health. Report of a technical consultation on sexual health, 28–31 January 2002, Geneva. ; 2006 (last accessed on 5 October 2016).
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