Neue Möglichkeiten zur Erfassung der Lebensqualität bei Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren30. Mai 2018 Tablet während der Krebsnachsorge. Foto: Jannick Scherf / Uni Lübeck. Patientenzentrierte Software soll die frühzeitige Erkennung von wichtigen Krankheitssymptomen in der Krebsnachsorge bei Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren unterstützen. Zur Verbesserung der Versorgung von führt die Universität zu Lübeck derzeit eine Versorgungsstudie mit Unterstützung der Deutschen Krebshilfe durch. Für Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren konstatieren zahlreiche Untersuchungen erhebliche Einbußen der gesundheitsbezogenen Lebensqualität, insbesondere aufgrund der therapiebedingten Folgen wie Stigmatisierung, verringertes Selbstwertgefühl, erhöhte Ängstlichkeit und Depressivität. „Nicht immer werden im Rahmen der Tumornachsorge alle Anliegen des Patienten mit dem Arzt besprochen, obwohl sie für die Behandlung und die Lebensqualität wichtig wären“, sagt Prof. Barbara Wollenberg, Direktorin der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck. „Patienten vergessen im Arztgespräch häufig wichtige Details oder sind unter Zeitdruck nicht in der Lage alles richtig zu äußern. Auch können therapiebedingte Sprechstörungen durch zum Teil radikale chirurgische Interventionen wie die Laryngektomie oder die Neck-Dissection die Arzt-Patienten-Kommunikation erheblich einschränken.“ Daher werden Patienten der HNO-Klinik mit Kopf-Hals-Tumoren nun vor jedem Arzttermin gebeten, in aller Ruhe systematisch Angaben über ihren subjektiv empfundenen Gesundheitszustand und Beschwerden auf einem Tablet-PC im Wartebereich einzugeben. Dabei kommen bewährte Befragungsinstrumente zum Einsatz, diese erfassen die gesundheitsbezogene Lebensqualität, den selbst empfundenen Gesundheitszustand, Erschöpfung, Schmerzen, Angst, Depressivität, Problemen im sozialen Umfeld und Reha-Bedarf des Patienten sowie Schluckstörungen und Nebenwirkungen. Aufbereitung der Patientenangaben für das bestmögliche Arzt-Gespräch Die Patientenangaben werden in Echtzeit multimedial für die Arzt-Konsultation aufbereitet und auf einem Tablet-PC angezeigt. Dabei werden normabweichende Ergebnisse visuell besonders kenntlich gemacht und im zeitlichen Verlauf dargestellt. Parallel dazu dokumentieren die behandelnden Ärzte in einer digitalen Checkliste neben der Tumorlokalisation und der TNM-Klassifikation standardisiert die Funktionsfähigkeit, Symptomlast, diagnostische und therapeutische Maßnahmen sowie Nebenwirkungen. Auch diese Angaben werden multimedial aufbereitet und auf einem Tablet-PC angezeigt. Die Ärzte hoffen, dass so Auffälligkeiten schneller erkannt werden und wenn nötig eher therapeutische Maßnahmen eingeleitet werden können. Die Software dazu wird vom Institut für Multimediale und Interaktive Systeme der Universität zu Lübeck (Direktor Prof. Michael Herczeg) entwickelt und ist besonders gebrauchstauglich bei höchstem Datenschutz. Der erste Prototyp der Software wird in den kommenden Wochen erstmals eingesetzt. Ob das neue System die Behandlung und auch die gesundheitsbezogene Lebensqualität tatsächlich verbessert, wird in einer zweiphasigen Studie wissenschaftlich vom Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie der Universität zu Lübeck untersucht. Während in der ersten Phase die digitale Dokumentation der Eingaben der Patienten und Ärzte erfolgt, werden diese in der zweiten Phase zusätzlich multimedial aufbereitet und für jede der durchschnittlich acht Arztkonsultationen pro Patientin oder Patient zur Verfügung gestellt. Die Patienten werden in der ersten Phase wie bisher üblich therapiert. In Phase zwei können die digitalen Feedbacks der ärztlichen Entscheidungsunterstützung dienen. Durch den Vergleich der Daten aus beiden Phasen lassen sich individuelle und kollektive Therapiepfade analysieren und vergleichen. IT-Experten stellen die Gebrauchstauglichkeit der Systeme sicher Studien zeigen, dass computergestützte Erhebungen der gesundheitsbezogenen Lebensqualität nicht nur zur Patientenzufriedenheit beitragen, sondern auch die Kommunikation zwischen Arzt und Patient verbessern. Patienten werden eher zum Umgang mit ihren Gesundheitsproblemen beraten, ohne dass sich die Dauer der Konsultation dadurch verlängert. Die Mehrheit der Ärzte in Studien beurteilt Informationen zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität als nützlich, sie erhalten neue Informationen selbst gut bekannter Patienten und sie tragen zur Fokussierung möglicher Probleme bei. Auch wenn Ärzte, Arzthelferinnen und Patienten dem Einsatz von computerbasierte Lebensqualität-Befragungen grundsätzlich positiv gegenüber stehen, ist die Konzeption und Implementierung solcher Systeme zeitaufwendig und komplex. IT-Experten für die technische Realisierung gebrauchstauglicher Systeme müssen daher in die Entwicklung entsprechender Systeme notwendig einbezogen werden. Prof. Alexander Katalinic, Direktor des Instituts für Sozialmedizin und Epidemiologie, sagt: „Erfahrungen mit computergestützten Messungen der Lebensqualität deuten auf einen Nutzen für Patienten und Ärzte hin. Wir möchten das mit dieser Studie nachweisen.“
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