Neue S2e-Leitlinie zur Behandlung der RA4. Juli 2018 Foto: © DOC RABE Media – Fotolia.com Eine frühzeitige und gezielte Therapie kann bei Menschen mit rheumatoider Arthritis (RA) die Zerstörung der Gelenke häufig verhindern. So empfiehlt die neue S2e-Leitlinie „Behandlung der rheumatoiden Arthritis mit krankheitsmodifizierenden Medikamenten (DMARDs)“ eine zielgenaue Therapie und frühere Kontrolle. In Deutschland sind rund 550.000 Erwachsene von einer RA betroffen. Sie ist die häufigste entzündlich-rheumatische Erkrankung. Die chronische Gelenkentzündung verläuft in Schüben und kann bis zu Gelenkverformungen oder gar kompletten Gelenkzerstörungen führen. Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) hatte zuletzt im Jahr 2012 eine Leitlinie zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis veröffentlicht. Schon damals forderte die DGRh, die Therapie innerhalb der ersten drei Monate nach dem Einsetzen der Beschwerden zu beginnen. DMARDs statt Kortison Die Patienten sollten dabei nicht nur entzündungshemmende Mittel wie Kortison erhalten, sondern auch DMARDs: Diese können den Krankheitsverlauf verlangsamen und eine Zerstörung der Gelenke verhindern. „Dies gelingt aber nur, wenn die Patienten regelmäßig untersucht werden und bei einer fehlenden Verbesserung ein frühzeitiger Wechsel des DMARDs erfolgt“, erläutert Prof. Christoph Fiehn vom Medical Center Baden-Baden, Erstautor der Leitlinie und diesjähriger Kongresspräsident des Rheumatologen-Kongresses in Mannheim. Das Ziel der Behandlung bleibt dabei das Erreichen einer Remission, also das völlige Verschwinden der Krankheitsaktivität oder, wenn das nicht möglich ist, zumindest die niedrigmöglichste Krankheitsaktivität. Das Prinzip „Treat-to-Target“, das für eine zielgenaue Behandlung mit DMARDs steht, hat sich seit den letzten Empfehlungen nicht flächendeckend durchgesetzt. Nach aktuellen Zahlen weist ein Drittel der Patienten mit RA nach zwei Jahren noch eine mäßige bis hohe Krankheitsaktivität auf, und jeder zweite dieser Patienten wird hochdosiert mit Kortison behandelt. „Diese Patienten haben ein erhöhtes Risiko auf Infektionen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Osteoporose“, warnt der Experte. An medikamentösen Alternativen zu Kortison fehlt es nicht. Zu den konventionellen synthetischen DMARD-Medikamenten wie Methotrexat (MTX) und den biologischen DMARD sind in den letzten Jahren zwei gezielte synthetische DMARDs mit den Wirkstoffen Baricitinib und Tofacitinib, hinzugekommen. „Ein Grund für den seltenen Einsatz sind vermutlich die hohen Preise für diese Medikamente“, vermutet Fiehn. Die neue S2e-Leitlinie berücksichtige diese Bedenken. Die Therapie solle mit Methotrexat beginnen. „Bei vielen Patienten gelingt es, die Krankheit allein mit MTX zu kontrollieren“, sagt Fiehn. Bei Patienten, die MTX nicht vertragen, könnten Ärzte zunächst günstige, synthetische DMARDs wie Leflunomid oder Sulfasalazin anwenden. Erster Kontrolltermin nach sechs Wochen Wichtig sei allerdings, dass die Wirksamkeit der Erstbehandlung frühzeitig kontrolliert wird. Die neue Leitlinie fordert daher einen ersten Kontrolltermin bereits nach sechs Wochen, statt wie bisher nach 12 Wochen. „Nach sechs Wochen sollten die Verträglichkeit und die Adhärenz, also die Therapietreue des Patienten, und auch die Richtigkeit der Dosierung kontrolliert werden“, erläutert Prof. Hanns-Martin Lorenz, Präsident der DGRh und Leiter der Sektion Rheumatologie am Universitätsklinikum Heidelberg. Bei weiteren Kontrollen nach drei Monaten sollte dann eine messbare Verbesserung eingetreten und nach sechs Monaten das Therapieziel erreicht worden sein. Je nach Ansprechen und Prognosefaktoren könne der Arzt dann ein anderes DMARD verordnen, zwei konventionelle Präparate kombinieren oder aber eine Behandlung mit den biologischen oder gezielt synthetischen DMARD beginnen. Ein wichtiges Ziel der Empfehlungen zur RA bleibt die frühzeitige Senkung der Kortison-Dosis, idealerweise bis zum kompletten Absetzen. Noch immer verordnen viele Ärzte ihren Patienten dauerhaft Kortison in einer niedrigen Dosis. Fiehn warnt: „Es gibt keinen Beweis, dass Kortison in niedriger Dosierung ungefährlich ist oder bei einer optimierten DMARD-Therapie einen zusätzlichen Nutzen mit sich bringt.“ Einige Rheumapatienten werden unter einer optimierten Therapie auf Dauer beschwerdefrei. Die S2e-Leitlinie gibt daher erstmals Empfehlungen zur „Deeskalation“, einem Senken der Medikamente. Das ist nur möglich, wenn die Patienten kein Kortison mehr einnehmen und seit sechs Monaten beschwerdefrei sind. Die neue Leitlinie geht zudem auch erstmalig in separaten Kapiteln auf den Einfluss von Lebensstilmodifikationen und das Thema der gemeinsamen Entscheidungsfindung von Patient und behandelndem Arzt ein. Die S2e-Leitlinie ist kürzlich als Online-Publikation erschienen. Wie sich die Behandlungswirklichkeit von Patienten mit rheumatoider Arthritis durch die Empfehlungen der neuen Leitlinie verbessern lässt, darüber diskutieren Experten auf dem 46. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) vom 19. bis 22. September 2018 in Mannheim.
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