Neue S3-Leitlinie zur Gicht veröffentlicht

Foto: doucefleur – stock.adobe.com

Die DGRh veröffentlicht erstmals eine evidenzbasierte S3-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der Gicht.

Der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie und Klinische Immunologie (DGRh) zufolge setzt die neue Leitlinie Standards, um Gichtanfälle und Gelenkschäden aber auch ein erhöhtes Herz-Kreislauf-Risiko durch die Volkskrankheit zu vermeiden. Was sich in der Behandlungspraxis sowohl in der allgemeinmedizinischen als auch in der fachärztlichen Versorgung ändern wird, wurde auf der digitalen Vorab-Pressekonferenz am 12. September anlässlich des Rheumatologiekongresses (18.-21.09. in Düsseldorf) thematisiert.

Korrekte Diagnose und schnelle Entzündungshemmung

„Trotz ihrer Häufigkeit wird die Gicht oft nicht angemessen diagnostiziert und behandelt. Dies unterstreicht die Notwendigkeit einer Leitlinie, an der insgesamt sieben wissenschaftliche Fachgesellschaften beteiligt waren“, sagt Privatdozentin Dr. Uta Kiltz, Oberärztin am Rheumazentrum Ruhrgebiet in Herne, die zusammen mit Privatdozentin Dr. Anne-Kathrin Tausche, Dresden, die Leitlinienentwicklung koordiniert hat. Entscheidend sei die frühzeitige Diagnose der Gicht, um rasch mit einer wirksamen Therapie beginnen zu können. Im akuten Gichtanfall empfiehlt die aktuelle Leitlinie den Einsatz von entzündungshemmenden Medikamenten wie Colchicin, Glukokortikoiden oder nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR). „Gerade hier sehen wir noch Defizite in der Versorgung. Denn eine rasche Symptomkontrolle ist von entscheidender Bedeutung, um den Schaden am Gelenk zu minimieren und die Schmerzbelastung der Patienten schnell zu lindern“, betont Kiltz.

Am Zielwert der Serumharnsäure orientieren

Ursache für wiederkehrende Anfälle und schwere Gelenkschäden sind chronisch erhöhte Harnsäurewerte im Blut der Betroffenen. Um dies zu vermeiden, empfiehlt die Leitlinie eine „Treat-to-Target“-Strategie, bei der eine medikamentöse Senkung der Serumharnsäure auf Werte unter 6 mg/dl Blut angestrebt wird. „Die Senkung der Serumharnsäure muss zielgerichtet erfolgen, um langfristige Gelenkschäden zu verhindern und damit entscheidend zur Lebensqualität der Patientinnen beizutragen“, erklärt Prof. Christof Specker, Präsident der DGRh aus Essen. Dafür müssten allerdings die Ärzte für jede einzelnen Patienten individuell den optimalen Zielwert ermitteln und die Medikation daran anpassen. Auf diese Weise ließen sich therapeutischer Nutzen und medikamentöse Belastung durch Medikamente ins Gleichgewicht bringen.

Einbeziehung der Patienten und interdisziplinäre Zusammen-arbeit

Ein wesentlicher Fortschritt bei der Erstellung dieser Leitlinie ist die enge Zusammenarbeit zwischen verschiedenen wissenschaftlichen Fachgesellschaften und die aktive Beteiligung von Patientenvertretern, betont die DGRh. Hausärzte übernehmen eine zentrale Rolle, da sie meist Menschen mit akuten Gichtanfällen behandeln und gleichzeitig mit den Patientinnen und Patienten die langfristigen Behandlungsziele erörtern und die Therapie beginnen. In schwereren Fällen ist die Überweisung an einen Fachärzt für Rheumatologie wichtig. Die neue Leitlinie empfiehlt, bereits beim ersten Gichtanfall alle Therapieoptionen mit den Patienten zu besprechen, um die Akzeptanz der Behandlung zu verbessern, erläutert die Fachgesesellschaft weiter.

Prävention und Aufklärung

Das Risiko, eine Gicht zu entwickeln, steigt mit dem Alter an und ist bei Männern dreimal höher als bei Frauen. „Die Therapie der Gicht als chronischer Erkrankung erfordert eine zuverlässige Mitarbeit der Betroffenen. Dies gilt umso mehr für die begleitenden präventiven Maßnahmen. Patientinnen un Patienten sollten darüber aufgeklärt werden, dass unter anderem Risiken wie Übergewicht und übermäßiger Alkoholkonsum das Risiko für Gichtanfälle erhöhen“, so Kiltz. Den Harnsäurespiegel erhöhende Medikamente, wie etwa Mittel zur Entwässerung, seien nur zu verwenden, wenn es sich nicht vermeiden lässt.

Bedeutung für die Praxis

Die neue S3-Leitlinie ist der Fachgesllschaft zufolge ein entscheidender Schritt hin zu einer verbesserten Versorgung von Gichtpatientinnen und -patienten, so auch die Einschätzung von DGR-Präsident Specker. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit und die aktive Einbindung der Patienten würde dazu beitragen, die Lebensqualität der Betroffenen nachhaltig zu steigern. „Mit dieser Leitlinie setzen wir neue Standards in der Behandlung der Gicht. Unser Ziel ist es, Gichtanfälle zu verhindern, Gelenkschäden zu minimieren und die Lebensqualität unserer Patientinnen und Patienten langfristig zu verbessern“, so das Fazit der Rheumatologin Kiltz.