Neue Technologien, Erwartungen und Strukturen – Zukunft gemeinsam gestalten

DOG-Präsident Siegfried Priglinger während seiner Eröffnungsrede zur 123. Jahrestagung. Foto: DOG/Christian Augustin

„Selten zuvor hat sich die Augenheilkunde so schnell verändert wie heute.“ Mit diesem Eingangsstatement setzte DOG-Präsident Prof. Siegfried Priglinger den großen Rahmen seiner Rede zur Eröffnung der Jahrestagung 2025. Wo verändert sich das Fach und wie ist darauf zu reagieren? In drei Punkten ging Priglinger diesen Fragen nach.

Den technologischen Fortschritt und seine Bedeutung für die Forschungslandschaft, die Veränderungen in der Versorgung und Ausbildung sowie den sogenannten Generationenkonflikt zwischen „Alt und Jung“ stellte der DOG-Präsident in den Mittelpunkt seiner Ausführungen.

Gentherapie, Künstliche Intelligenz (KI) und Robotik – diese drei großen Felder des technologischen Fortschrittes zeigten, wohin die Reise gehe, meinte Priglinger. „Sie zeigen uns, dass wir an einer Schwelle stehen: zwischen dem, was gestern noch unmöglich schien, und dem, was morgen vielleicht selbstverständlich sein wird.“ Mit dem demografischen Wandel wachse jedoch auch ständig die Zahl der betroffenen Patienten und trotz aller medizinischen Fortschritte blieben viele schwere Augenerkrankungen unheilbar, räumte er ein und folgerte: „Wenn wir neue Therapien für diese Erkrankungen entwickeln wollen, benötigen wir eine deutliche Ausweitung der Forschungsmöglichkeiten.“

Seine wichtigsten Forderungen in diesem Zusammenhang: Deutschland braucht ein Zentrum für Augenheilkunde ein German National Eye Institute nach dem Vorbild des US-amerikanischen National Eye Institute. Außerdem brauche die deutsche Augenheilkunde eine neue Innovationskultur. Genau deshalb habe die DOG in diesem Jahr ihre Innovationsinitiative gestartet.

Strukturelle Veränderungen

Die strukturellen Veränderungen in der medizinischen Versorgungslandschaft hin zu größeren Einheiten statt Einzelpraxen, hin zu mehr Anstellungsverhältnissen statt eigener Niederlassung betreffe auch die Ausbildung der nächsten Generation, erklärte Priglinger. So seien seines Erachtens nach neue Ausbildungskonzepte nötig wie

  • Kooperationen zwischen Praxen und Kliniken
  • digitale Formate wie Webinare, die ortsunabhängig Weiterbildung ermöglichen
  • Mentoring-Programme, die jungen Kollegen Orientierung geben.

„Und wir brauchen Mut. Mut, junge Kolleginnen und Kollegen nicht nur Standardabläufe lernen zu lassen, sondern auch Forschung, Datenanalyse, interdisziplinäres Denken“, betonte Priglinger. Nur so werde die kommende Generation auf eine Medizin vorbereitet, die sich immer stärker mit KI, Genetik, Robotik und Biotechnologie verzahnen werde.

Generationenkonflikt als Chance nutzen

Als dritten Punkt beleuchtete Priglinger den sogenannten Generationenkonflikt, denn: „Wenn wir heute über die Zukunft der Augenheilkunde sprechen, dann geht es vor allem um die Menschen, die diese Zukunft gestalten werden – die unterschiedlichen Generationen, die in unseren Kliniken, Praxen und Forschungslaboren zusammenarbeiten.“

Treffen unterschiedliche Prägungen und Prioritäten aufeinander, könne dies faszinierend sein, zuweilen aber auch herausfordernd, meinte der DOG-Präsident. Leicht könnten so Kulturmissverständnisse entstehen. Die Älteren sähen Engagement und Pflicht als selbstverständlich, die Jüngeren wollten Flexibilität und Sinn.

Würden diese Unterschiede nicht anerkannt, entstünden Gräben, warnte Priglinger. Aber wenn sie ernst genommen würden, könnten sie zu einer „Quelle der Stärke“ werden. Dazu müssten Ziele und Sinn klarer kommuniziert werden. Mehr Flexibilität, ohne die Ergebnisorientierung zu verlieren, sei nötig. So könnten etwa flexible Arbeitszeitmodelle, Telemedizin und digitale Tools Chancen sein, um Beruf, Familie und Freizeit besser zu verbinden.

Nicht nur fördern, aktiv einbinden

Des Weiteren brauche man echte Zusammenarbeit der Generationen. „Mentorenprogramme, bei denen Junge von der Erfahrung der Älteren profitieren – und umgekehrt die Älteren von den technologischen Fähigkeiten der Jüngeren“, verdeutlichte Priglinger. Es gelte, die nachrückende Generation sowohl zu fördern als auch aktiv einzubinden – und zwar nicht nur als Teilnehmende, sondern als Mitgestaltende der Fachgesellschaft.

Abschließend richtete der DOG-Präsident noch einen Appell direkt an die jüngere Generation: „Wir brauchen Eure Energie, Eure Ungeduld, Eure Fragen. Suchen Sie das, was Sie begeistert. Gehen Sie neue Wege!“  (dk/BIERMANN)