Neue und frühe Nachweismethode für Nebenwirkungen auf den Herzmuskel bei Immuntherapie zur Krebsbehandlung29. September 2021 v. l. n. r. Prof. Dr. med. Jennifer Landsberg (Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie), Dr. med. Katjana Schwab (Medizinische Klinik und Poliklinik III), PD Dr. med. Julian Luetkens (Klinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie), Prof. Dr. med. Annkristin Heine (Medizinische Klinik und Poliklinik III), Dr. med. Alexander Isaak (Klinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie). Bildnachweis: Universitätsklinikum Bonn (UKB)/Rolf Müller Die aktuelle Studie einer interdisziplinären Forschergruppe des Universitätsklinikums Bonn (UKB) konnte zeigen, dass die Therapie mit Immun-Checkpoint-Inhibitoren (ICI) den Herzmuskel in bisher unbekanntem Ausmaß subklinisch beeinträchtigen kann. Das Hauptaugenmerk der Studie lag auf dem Auftreten einer Myokarditis unter ICI-Therapie. Diese kann (zunächst) asymptomatisch und subklinisch verlaufen. In seltenen Fällen jedoch kann ein fulminanter Verlauf vorliegen. Bisher war unbekannt, inwieweit die ICI-Therapie auch bei asymptomatischen Patienten zu entzündlichen Veränderungen im Herzmuskel führt. Bei den Studienteilnehmern waren nach Beginn einer ICI-Therapie zur Krebsbehandlung insbesondere MRT-spezifische Entzündungsmarker des Herzmuskels erhöht und Anzeichen einer systolischen Dysfunktion vorhanden. Normalerweise verhindern die Immun-Checkpoints eine überschießende Reaktion des Immunsystems gegen körpereigene, gesunde Zellen. Manche Tumoren aktivieren gezielt solche Immun-Checkpoints, so dass Immunzellen, die den Tumor eigentlich erkennen und bekämpfen könnten, stark geschwächt werden. Bei der ICI-Therapie wirken Immun-Checkpoint-Inhibitoren dem entgegen: Sie verhindern die Unterdrückung der Immunantwort und bewirken so, dass das Immunsystem den Tumor besser erkennt und verstärkt angreift.Veränderungen im Herzmuskelgewebe beobachtet Ziel der Studie war es zu untersuchen, inwieweit die ICI-Behandlung Veränderungen des Herzmuskels hervorruft, die mit modernen Herz-MRT-Techniken nachgewiesen werden können, wie z.B. Entzündung, Fibrose oder Funktionsstörungen des Herzens. In der Studie wurden erstmals Krebspatienten, bei denen eine ICI-Therapie geplant war, unmittelbar vor und 3 Monate nach Beginn der ICI-Therapie mit hochsensitiven quantitativen Herz-MRT-Techniken untersucht. Die ICI-Therapie war die einzige Krebsbehandlung, die während des Studienzeitraums angewandt wurde. Die Ergebnisse sollen dazu beitragen, dass schwerwiegende Nebenwirkungen unter Immuntherapie frühzeitig erkannt werden, um diesen möglicherweise auch rechtzeitig vorbeugen zu können.“Mittels hochsensitiver MRT-Marker konnten wir bei den Studienteilnehmern Veränderungen im Herzmuskelgewebe nachweisen, welche auf eine entzündliche Mitreaktion im Rahmen der Therapie hindeuten“, erklärt PD Dr. Anton Faron. Der Mediziner ist Facharzt der Klinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie am Universitätsklinikum Bonn (UKB). Interessanterweise liefen diese Veränderungen bei den meisten Patienten ohne begleitende Symptome ab. „Diese Beobachtung zeigt uns, dass wir mit dem Herz-MRT ein wichtiges Instrument in der Hand haben, das beispielsweise dazu beitragen kann, mögliche Therapienebenwirkungen frühzeitig zu erkennen und Therapien so besser und genauer steuern zu können“, betont Faron.Die ICI-bedingte Herzmuskelentzündung ist eine seltene, aber potenziell ernsthafte Nebenwirkung, die am ehesten innerhalb der ersten 3 Monate nach Behandlungsbeginn auftritt. Daher haben die Ergebnisse wichtige Implikationen für die klinische Praxis und die zukünftige Forschung.Die hochsensitiven MRT-Techniken liefern einen bedeutenden Beitrag. Sie bieten die Möglichkeit einer fortgeschrittenen Gewebecharakterisierung: “Wir konnten zeigen, dass sich eine diffuse Entzündung gerade mit den modernen quantitativen MRT-Techniken nachweisen lässt. Dies hat einen unmittelbaren Bezug, auch für die Entdeckung schwerer Verläufe einer ICI-assoziierten Herzmuskelentzündung bei symptomatischen Patienten“, erklärt PD Dr. Julian Luetkens. Er leitet die kardiale MRT-Diagnostik und mit dem QILaB (Quantitative Imaging Lab Bonn) zudem eine Arbeitsgruppe am Universitätsklinikum Bonn, die sich mit der Entwicklung und dem Einsatz innovativer quantitativer Verfahren in der MRT beschäftigt.An der interdisziplinären Studie des Universitätsklinikums Bonn waren dessen Klinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, die Medizinische Klinik und Poliklinik III der Inneren Medizin sowie die Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie beteiligt.Publikation: Anton Faron, MD* • Alexander Isaak, MD* • Narine Mesropyan, MD • Matthäus Reinert, MD • Katjana Schwab, MD • Judith Sirokay, MD • Alois M. Sprinkart, MD • Franz-Georg Bauernfeind, MD • Darius Dabir, MD • Claus C. Pieper, MD • Annkristin Heine, MD • Daniel Kuetting, MD • Ulrike Attenberger, MD • Jennifer Landsberg, MD • Julian A. Luetkens, MDhttps://pubs.rsna.org/doi/pdf/10.1148/radiol.2021210814
Mehr erfahren zu: "Neustart für das Programm für Nationale Versorgungsleitlinien" Neustart für das Programm für Nationale Versorgungsleitlinien Nach der Auflösung des Ärztlichen Zentrums für Qualität in der Medizin, das bis 2024 das Programm koordinierte und redaktionell betreute, war nach einer Möglichkeit gesucht worden, die Arbeit an den […]
Mehr erfahren zu: "Arbeitszeitgesetz: Marburger Bund sieht drohende Aufweichung" Arbeitszeitgesetz: Marburger Bund sieht drohende Aufweichung Der Marburger Bund (MB) lehnt die im Koalitionsvertrag angekündigte Reform des Arbeitszeitgesetzes entschieden ab. In einem Positionspapier weist er auf bestehende Möglichkeiten hin, schon jetzt flexible Modelle „in ausreichendem Maße“ […]
Mehr erfahren zu: "Onkologische Erkrankungen: Leitlinie zum Fertilitätserhalt veröffentlicht" Onkologische Erkrankungen: Leitlinie zum Fertilitätserhalt veröffentlicht Die S2k-Leitlinie „Fertilitätserhalt bei onkologischen Erkrankungen“ stellt die Möglichkeiten zum Erhalt oder der (Wieder-)Herstellung von Fertilität bei Krebserkrankten dar, informiert die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG).