Neue Wege in der Endoprothetik: Schnittblöcke und Zugangswege sollen zu besseren Behandlungsergebnissen führen26. Oktober 2017 Alexander Beck (Foto: Biermann Medizin, hr) Es gibt viele Verfahren, mit denen Prothesen präzise implantiert werden können. Auf dem DKOU erläuterte Prof. Alexander Beck unter anderem ein neues auf die Patienten zugeschnittenes Verfahren in der Knieendoprothetik. „Implantate können über speziell für den Patienten hergestellte Schnittblöcke sehr genau positioniert werden“, erklärte Beck, Kongresspräsident für den BVOU. „Diese Schnittblöcke werden in 3-D-Druckern hergestellt. Sie sind ein präzises Abbild des jeweiligen Knies und zeigen uns exakt, wo die relevanten anatomischen Strukturen liegen, die wir für die korrekte Positionierung des künstlichen Knies brauchen.“ Schnittblöcke sind Schneidschablonen, die zusammen mit einem dreidimensionalen Plastik-Modell des zu operierenden Knies auf der Basis von CT- oder MRT-Untersuchungsdaten angefertigt werden. Während des Entstehungsprozesses können die Endoprothetiker zusammen mit der Firma immer wieder Korrekturen an dem Produkt vornehmen. Die Chirurgen bereiten sich mit dem dreidimensionalen Modell auf den Eingriff vor und orientieren sich während der Operation daran (1). „Für ein gutes funktionelles Ergebnis und eine lange Haltbarkeit sind die genaue Positionierung und Ausrichtung des Knies sehr wichtig“, sagte Beck „Die Prothese muss einfach richtig sitzen.“ Die Verwendung der Schneidblöcke und des dreidimensionalen Modells sei eine von vielen Möglichkeiten dies zu erreichen. Beck, Chefarzt der Klinik für Orthopädie, Unfall- und Wiederherstellungschirurgie im Klinikum Würzburg, Juliusspital, arbeitet seit zwei Jahren mit dem Verfahren. „Bisher haben wir 150 Patienten operiert und noch keinen Schiffbruch erlitten“, berichtete er. Denn positiv sei auch, dass – falls das Verfahren während der OP aus irgendeinem Grund nicht funktioniert – man einfach auf dem konventionellen Weg weiteroperieren könne. „Wenn die Prothese genau platziert ist, sollten weniger Wechseloperationen nötig sein und die Prothese sollte länger halten“, sagte Beck weiter. Die Bewertung dieses neuen Verfahrens ist allerdings noch schwierig, da noch keine Langzeitdaten zur Haltbarkeit der mit Schnittblöcken implantierten Prothesen vorliegen können. „Diese wird es erst in ein paar Jahren und Jahrzehnten geben.“ Dennoch ist Beck überzeugt, dass die Methode kein kleiner Trend ist, sondern die Zukunft sein wird. Zudem wies er auch auf einen sekundären Nutzen hin, den die neue Methodik gebracht habe. „Wir gewinnen eine Unmenge von Datensätzen kranker Knie, die sehr wertvoll sind, da die Firmen damit die Implantate besser anpassen können.“ Bisher seien Implantate aus Datensätzen gesunder Knie entstanden. Neuer Zugangsweg zum Hüftgelenk Vor acht Jahren begann Beck zudem das Hüftgelenk über einen minimalinvasiven Zugang von vorne, den AMIS-Zugang zu operieren, nachdem er sich zuvor das Verfahren europaweit dort angeschaut hatte, wo es bereits praktiziert wurde. Das ist einer von vielen möglichen minimalinvasiven Zugängen zur Hüfte. Der Patient liegt bei dieser Vorgehensweise auf dem Rücken, nicht auf dem Bauch oder auf der Seite (2). „Wir operieren bei minimal invasiven Zugängen durch Muskellücken hindurch, um wichtige Strukturen nicht zu durchtrennen, sondern zu schonen“, sagte Beck. „Vorne kreuzt kein motorischer Nerv das Operationsgebiet“, so Beck weiter „und wir sehen bei diesem Zugang auch deutlich weniger Luxationen. Allerdings habe jeder minimalinvasive Zugang eine lange Lernkurve, so sein Fazit. Beck betonte nochmals wie viel dank moderner Implantate heute bereits für Patienten erreicht werden konnte, betonte aber auch die Grenzen und warnte vor überzogenen Erwartungen. „Die Implantation eines Kunstgelenks löst keine geriatrischen Probleme und führt auch nicht dazu, dass sich ein Siebzigjähriger wieder wie ein Zwanzigjähriger bewegt. Wir müssen die Patienten ehrlich darüber aufklären, was mit dem Gelenkersatz erreicht werden kann. Das ist sehr viel, aber auch nicht alles.“ Wenn man Patienten mit einem Kunstgelenk ein schmerzfreies Leben ermöglichen könne, solle man dies seiner Ansicht nach auch tun, betonte Beck des Weiteren. Dies sei keine Frage des zuviel Operierens, sondern habe nämlich auch zur Folge, dass der Einsatz von Schmerzmitteln deutlich reduziert werden kann. Dabei verwies der Experte auf eine problematische Entwicklung in den Vereinigten Staaten hin, wo weniger Kunstgelenke pro 100.000 Einwohner implantiert werden als in Deutschland. „Dort macht sich derzeit eine Opiod-Epidemie (3) breit, da beim Gelenkverschleiß oft über lange Zeit eher starke Schmerzmittel verordnet werden, statt künstliche Gelenkr einzubauen“, berichtete Beck. So komme es dort immer wieder zu Todesfällen durch eine unbeabsichtigte Überdosierung. Derzeit sterben in den USA mehr Männer und Frauen an einer unbeabsichtigten Überdosierung von Opiaten als an der Überdosierung von Kokain und Heroin zusammengenommen (4). (hr) Literatur: 1. Helmy N et al. Accuracy of patient specific cutting blocks in total knee arthroplasty. BioMed Research 2014 International Article ID 562919 2. Matta JM et al. Single-incision anterior approach for total hip arthroplasty on an orthopaedic table. Clin Orthop Relat Res 2005;441:115-124. 3. Morris BJ, Mir HR. (2015). The opioid epidemic: impact on orthopaedic surgery. J Am Acad Orthop Surg 2015;23:267-271. 4. Weber A, Schiltenwolf M., 2015. Morphine werden immer sorgloser verschrieben. Deutsches Ärzteblatt 2015;112,A87
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