Neuer Ansatz der Asthmatherapie: Mithilfe der Leber das Immunsystem neu programmieren23. April 2025 Foto (KI-generiert): © spyrakot/stock.adobe.com Herkömmliche Behandlungen bei allergischem Asthma helfen zwar, die Symptome zu lindern, bekämpfen aber nicht die zugrundeliegende Ursache: den fehlgeleiteten Angriff des Immunsystems auf Atemwegsallergene. US-Forscher schlagen eine mögliche Lösung vor. Ihr Ansatz: das Immunsystem so umzuprogrammieren, dass es die Allergene toleriert, anstatt mit Entzündungen zu reagieren. Das Forscherteam unter der Leitung von Jeffrey Hubbell, Vizepräsident für Biowissenschaften und Ingenieurwesen an der New York University und unter anderem Professor für Chemie- und Biomolekulartechnik an der NYU Tandon (USA) hat zusammen mit Forschenden der Pritzker School of Molecular Engineering an der University of Chicago (ebenfalls USA) eine neue Therapie entwickelt, die genau das erreicht, indem sie sich eines überraschenden Verbündeten bedient: der Leber. Neuer Ansatz für ein altes Problem In ihrer neuen Studie, die kürzlich in „Science Translational Medicine“ veröffentlicht wurde, stellten Hubbell und seine Kollegen aus Chicago, darunter Hauptautor Jorge Emiliano Gómez Medellín, eine neuartige Form der Allergen-Immuntherapie vor: die lebergerichtete Immuntherapie (LIT). Im Gegensatz zu herkömmlichen Allergiespritzen oder sublingualen Tabletten nutzt die LIT die natürliche Fähigkeit der Leber, die Immuntoleranz zu fördern. „Man weiß seit Langem, dass die Leber ein besonderes Organ ist, das Immunreaktionen auf harmlose Antigene aus Nahrungsmitteln und Blutpartikeln unterdrücken kann“, erläutert Hubbell, einer der Seniorautoren der Studie. „Wir fragten uns: Könnten wir diesen natürlichen Toleranzmechanismus nutzen, um allergische Reaktionen zu unterdrücken?“ Neuprogrammierung dank synthetischer Mannosylierung Um dies zu erreichen, modifizierten die Wissenschaftler Allergene, indem sie Zuckermoleküle (Mannose) synthetisch an deren Oberfläche anhefteten. Diese synthetische Mannosylierung ermöglicht es den Allergenen, die üblichen Alarmsignale des Immunsystems zu umgehen und stattdessen direkt an die Leber zu gelangen. Dort programmieren spezialisierte Immunzellen die Reaktion von Entzündung auf Toleranz um. In präklinischen Studien entwickelten Mäuse, die eine LIT erhielten, eine robuste Population regulatorischer T-Zellen. Bemerkenswerterweise, so erklären die Wissenschaftler, boten bereits zwei Dosen der Therapie einen jahrelangen Schutz vor allergischen Asthmasymptomen. „Die Geschwindigkeit und Nachhaltigkeit dieser Behandlung sind beispiellos“, betont Hubbell. „Traditionelle Allergen-Immuntherapien können Jahre brauchen, um zu wirken. Mit LIT beobachten wir bereits nach zwei Interventionen eine lang anhaltende Immuntoleranz.“ Eines der größten Risiken aktueller Allergiebehandlungen ist das Risiko schwerer allergischer Reaktionen, einschließlich lebensbedrohlicher Anaphylaxie. Um zu testen, ob LIT dieses Problem vermeiden kann, verabreichten die Forschenden ihre manipulierten Allergene sensibilisierten Mäusen – im Wesentlichen einem Modell für Patienten mit schweren Allergien. Im Gegensatz zu unveränderten Allergenen, die gefährliche Immunreaktionen auslösten, führten die mannosylierten Allergene nicht zu allergischen Symptomen. Stattdessen wurden sie von der Leber unbemerkt verarbeitet, was zu einer deutlichen Verringerung der Atemwegsentzündung führte. „Angesichts dieses besseren Sicherheitsprofils und der effektiven Langzeitverträglichkeit ohne kontinuierliche Behandlung ist es verlockend, die Vorteile der LIT mit ihrer neuartigen Verabreichungsform zu erwägen“, sagt Trevor W.M. Ung, Co-Leiter des Projektes an der Pritzker School of Molecular Engineering. Therapie der Zukunft über Asthma hinaus? Obwohl das allergische Asthma im Mittelpunkt der Untersuchungen stand, könnten die Prinzipien der LIT auf andere allergische Erkrankungen, einschließlich Nahrungsmittelallergien und Neurodermitis, ausgeweitet werden, glaubt das Team. „Angesichts der Angst vor lebensmittelinduzierter Anaphylaxie hat die LIT das Potenzial, Kindern und Eltern durch die Risikominderung eine gewisse Erleichterung zu verschaffen“, erklärt Gómez Medellín. Da der Ansatz auf der Erzeugung von Immuntoleranz beruht, könnte er zudem vielversprechend für die Behandlung von Autoimmunerkrankungen sein, bei denen das Immunsystem fälschlicherweise körpereigenes Gewebe angreift. Der nächste Schritt für das Forschungsteam ist die Erprobung von LIT in klinischen Studien am Menschen nach weiteren Untersuchungen im Labor zu Hausstaubmilbenallergien und Nahrungsmittelallergenen. Sollten sich die Ergebnisse beim Menschen bestätigen, könnte diese Therapie die Behandlung allergischer Erkrankungen revolutionieren und Millionen von Patienten weltweit eine schnelle, sichere und langanhaltende Lösung bieten, meinen die Wissenschaftler. „Anstatt gegen die natürlichen Tendenzen des Immunsystems anzukämpfen, arbeiten wir mit ihnen“, fasst Hubbell zusammen. „Dies könnte die Zukunft der Allergiebehandlung sein – ein Weg, nicht nur die Symptome zu lindern, sondern die Krankheit an ihrer Quelle zu heilen.“
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