Neuer Ansatz gegen Krebs: Kaltes Plasma wirkt tief im Gewebe

Reaktive Sauerstoffmoleküle, die durch die Plasmatherapie gebildet werden, können tief ins Gewebe eindringen. So können Tumorzellen auch in tieferen Gewebeschichten erreicht und abgetötet werden. Bild ©INP

Anhand von neuen Gewebemodellen hat ein deutsches Forschungsteam die Wirkung von kaltem Plasma auf Tumorzellen untersucht. Ihre Erkenntnisse bieten die Grundlage für neue Strategien in der Krebstherapie.

Kaltes Plasma ist ein ionisiertes Gas, das eine Vielzahl chemisch reaktiver Moleküle – reaktive Sauerstoff- und Stickstoffspezies – erzeugt. Diese kurzlebigen Moleküle können biologische Prozesse stark beeinflussen, etwa das Wachstum oder Absterben von Tumorzellen.

Wie tief und wirksam die Plasmamoleküle in das Gewebe eindringen, haben Forschende des Leibniz-Instituts für Plasmaforschung und Technologie (INP) gemeinsam mit Partnern der Universitätsmedizin Greifswald und des Universitätsklinikums Rostock genauer untersucht.

Neue Gewebemodelle liefern wichtige Erkenntnisse

„Die Plasmawirkung im Gewebe ist sehr komplex und bisher wenig verstanden. Wir haben daher ein 3D-Modell aus Hydrogelen entwickelt, das echtem Tumorgewebe nachempfunden ist. In diesem Modell konnten wir genau beobachten, wie tief die Moleküle aus dem Plasma eindringen – und welche dieser Moleküle wichtig für die Wirkung auf Tumorzellen sind“, erläutert Lea Miebach, Erstautorin der Studie.

Besonders kurzlebige Moleküle wie Peroxynitrit drangen dabei mehrere Millimeter tief ins Gewebe vor. Wasserstoffperoxid, das in der Laborforschung bisher als Hauptwirkstoff galt, zeigte dagegen kaum Wirkung: Selbst, wenn es gezielt entfernt wurde, blieb die Wirkung des Plasmas stark.

Einsatz auch während Operationen denkbar

In einem weiteren Modell wurde untersucht, wie gut Plasma bei der Nachbehandlung einer Tumoroperation wirken könnte. Dabei wurden übrig gebliebene Tumorzellen am Rand einer künstlichen Operationswunde gezielt mit Plasma behandelt. Ergebnis: Auch hier zeigte sich eine starke Wirkung, vor allem bei Zellen, die sich bereits ins umliegende Gewebe ausgebreitet hatten. Diese Erkenntnisse könnten helfen, Rückfälle nach Operationen besser zu verhindern.

Wichtiger Schritt für die Plasmamedizin

„Unsere Ergebnisse könnten die medizinische Anwendung von Plasma deutlich verbessern“, so Prof. Sander Bekeschus, Leiter des Forschungsschwerpunkts Plasmamedizin am INP. „Je besser wir verstehen, welche Moleküle im Gewebe wirken, desto gezielter lassen sich Plasmageräte für bestimmte Krebsarten einsetzen.“

Die Arbeit wurde mit dem medizinisch zugelassenen Plasma-Jet „kINPen“ durchgeführt und die Ergebnisse wurden im Fachjournal „Trends in Biotechnology“ veröffentlicht. Die Methode könnte langfristig dazu beitragen, Therapien effektiver und schonender zu machen.