Neuer Hinweis auf Zusammenhang zwischen Alzheimer und Diabetes17. Juni 2020 3D-Rekonstruktion einer Amyloid-beta-Fibrille (l.) und einer IAPP-Fibrille (r.) (© Gunnar Schröder) Wissenschaftler des Forschungszentrums Jülich haben gemeinsam mit Kollegen aus Düsseldorf und Maastricht untersucht, wie sich einzelne Moleküle in den Proteinfäden anordnen, aus denen Diabetes-typische Ablagerungen bestehen. Die Struktur der Fasern in den Fibrillen erinnert stark an die bei Morbus Alzheimer. Bereits vor etwa 120 Jahren entdeckte der US-amerikanische Arzt Eugene Lindsay Opie in der Bauchspeicheldrüse von Patienten mit Typ-2-Diabetes auffällige Eiweißablagerungen, ähnlich wie sie auch im Gehirn bei zahlreichen neurodegenerativen Krankheiten zu finden sind. Die Fibrillen des Insel-Amyloids bestehen aus dem Peptidhormon IAPP. In der Bauchspeicheldrüse tragen sie zum Absterben und zur Fehlfunktion der Beta-Zellen bei, die für die Insulinproduktion zuständig sind. „Diese Amyloid-Fibrillen werden seit vielen Jahren intensiv erforscht. Lange Zeit konnte man aber nur auf sehr niedrig aufgelöste Strukturen zurückgreifen“, erklärt Prof. Gunnar Schröder vom Forschungszentrum Jülich und der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. 2017 hat er gemeinsam mit Partnern und Kollegen eines der ersten atomgenauen 3D-Modelle einer solchen Fibrille überhaupt vorgestellt: in diesem Fall einer Alzheimer-Fibrille, die aus dem Peptid Amyloid-beta (Abeta) besteht. „Nun haben wir zum ersten Mal eine IAPP-Fibrille, wie sie für Diabetes typisch ist, in vergleichbarer Auflösung in 3D rekonstruiert“, erklärt Schröder. Die erzielte Auflösung von 4 Angström, oder 0,4 Nanometer liegt in der Größenordnung von Atomradien und Atombindungslängen. Neben weiteren Details wird so erstmals die genaue Anordnung der Moleküle in den Fibrillen sichtbar. Das Modell zeigt, wie sich einzelne IAPP-Moleküle zu Fasern mit einem S-förmigen Querschnitt übereinander schichten. Die Struktur ähnelt der S-förmigen Faltung in Abeta-Fibrillen, die für Alzheimer typisch sind. „Die Ähnlichkeit ist interessant. Zwischen Alzheimer und Diabetes gibt es einen epidemiologischen Zusammenhang: Alzheimer-Patienten haben ein größeres Risiko, an Diabetes zu erkranken, und umgekehrt“, erläutert Dr. Wolfgang Hoyer, der ebenfalls an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und am Forschungszentrum Jülich forscht. Daneben gibt es weitere Verbindungen. So haben Wissenschaftler in den Amyloid-Ablagerungen von Alzheimer-Patienten bereits kleine Beimischungen von „fremden“ Diabetes-typischen IAPP-Peptiden nachgewiesen. Zudem wachsen nach Zugabe von Fibrillen der jeweils einen Art vermehrt auch Ablagerungen der anderen Art, wie Forscher in Versuchen mit Mäusen herausgefunden haben. Mit dem neuen, hochaufgelösten Fibrillen-Modell gibt es nun eine neue Basis, um die Bildung der Fibrillen bei Diabetes besser zu verstehen und Medikamente zu entwickeln, die direkt an der Ursache der Erkrankung ansetzen. „Es lassen sich nun beispielsweise ganz gezielt Inhibitoren entwickeln, die die Ausbildung dieser Fibrillen unterdrücken“, erklärt Hoyer. Schon seit einigen Jahren forscht er an entsprechenden neuartigen Bindeproteinen. Diese verhindern, dass sich einzelne Moleküle zu Amyloid verbinden, und so möglicherweise den Ausbruch von Diabetes, Alzheimer und Parkinson verzögern oder sogar aufhalten können. Ein anderer Ansatz sei die Entwicklung von Ersatzstoffen für das Peptid IAPP, die nicht zur Fibrillenbildung neigen. IAPP übernimmt unter anderem die Funktion eines Sättigungshormons im Körper. Die Ersatzstoffe sind daher nicht nur für die Therapie von Typ-2-Diabetes, sondern auch zur Behandlung verschiedener weiterer Erkrankungen wie Typ-1-Diabetes und krankhafte Fettleibigkeit interessant. Originalpublikation: Röder C et al. Cryo-EM structure of islet amyloid polypeptide fibrils reveals similarities with amyloid-β fibrils. Nature Structural & Molecular Biology, 15. Juni 2020
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