Neuer Immunabwehrmechanismus gegen Pseudomonas aeruginosa entdeckt

Gabriela Krasteva-Christ, Mohamed Elhawy, Monika Hollenhorst, Noran Abdel-Wadood (v.l.). Foto: Thorsten Mohr/Universität des Saarlandes

Bürstenzellen, die auf den Schleimhäuten der Atemwege vorkommen, sind noch unvollständig erforscht. Forschende konnten nun zeigen, wie Bürstenzellen auf Pseudomonas aeruginosa reagieren und die Immunantwort stimulieren.

Keime wie Pseudomonas aeruginosa lösen Infektionen aus, die insbesondere vorerkrankte Menschen treffen, die etwa unter Mukoviszidose oder COPD (Chronisch-obstruktive Lungenerkrankung) leiden oder deren Immunsystem aufgrund einer Behandlung im Krankenhaus geschwächt ist. Das Bakterium gilt daher als einer der weitverbreitetsten „Krankenhauskeime“.

Eine besondere Rolle für die Immunantwort des Körpers spielen die Bürstenzellen, die in den Schleimhäuten der Atemwege zu finden sind. Werden sie aktiv, folgt eine Immunantwort. Wie genau, war lange nicht bekannt. Gabriela Krasteva-Christ, Professorin für Anatomie und Zellbiologie an der Universität des Saarlandes widmet sich bereits seit fast zwei Jahrzehnten der Erforschung der Bürstenzellen.

In einer nun veröffentlichten Studie haben Dr. Monika Hollenhorst, Dr. Mohamed Elhawy und Doktorandin Noran Abdel-Wadood aus ihrem Team herausgefunden, wie Bürstenzellen in den Atemwegen die spezifische oder adaptive Immunantwort auf den Weg bringen.

„Bislang wussten wir nur, dass Bürstenzellen Acetylcholin freisetzen, einen Botenstoff, der die Reizübertragung an Nervenzellen auslöst. Registrieren die Bürstenzellen also einen Eindringling, sorgt das Acetylcholin dafür, dass das zentrale Nervensystem informiert wird: Wir husten“, erklärt Krasteva-Christ. Im Anschluss die unspezifische Immunantwort. „Aus der Umgebung werden Immunzellen, wie zum Beispiel neutrophile Granulozyten, an den Ort gelockt, die den Eindringling zwar sehr effektiv, jedoch unspezifisch und nicht zielgerichtet angreifen“, erläutert die Wissenschaftlerin.

So weit, so bekannt. „Etwas später folgt auch eine spezifische Immunantwort, die einen Keim wie Pseudomonas aeruginosa sehr viel genauer angreift. Welche Rolle die Bürstenzellen dabei spielen, war bislang aber ein Rätsel, und genau dieses Rätsel haben wir nun gelöst“, erklärt Elhawy.

Als erste Arbeitsgruppe weltweit haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eine native Bürstenzelle dabei elektrophysiologisch mit der Patch-Clamp-Technik untersucht. Dabei konnte das Team präzise messen, wie sich die elektrische Spannung und der Ionenstrom durch die Zellmembran verändern. Diese Veränderungen öffnen oder schließen bestimmte Kanäle in der Zellmembran, um Botenstoffe freizusetzen oder zurückzuhalten.

Dabei haben sie eine Beobachtung gemacht, die nicht Acetylcholin (ACh), sondern auch Adenosintriphosphat (ATP) in den Fokus nimmt. „Wir konnten beobachten, dass die Bürstenzellen genau so viel ATP freisetzen, dass die unspezifische Immunantwort einerseits ausgelöst wird, also die ‚schnelle Eingreiftruppe‘, wenn man so will. Außerdem stimuliert das exakt bemessene ATP, dass dendritische Zellen aktiviert werden, die wiederum für die Initiierung einer spezifischen Immunantwort essenziell sind“, führt Abdel-Wadood aus.

Ist diese Immunantwort auf den Weg gebracht worden, stellen die Bürstenzellen die ATP-Freisetzung wieder ein. „Die Reaktion schießt also nicht über, sondern sie geschieht ganz reguliert und zielgerichtet“, schlussfolgert Hollenhorst. „Eine Entzündung vor Ort wird also zeitlich begrenzt und auch beendet.“

Diese wichtige Erkenntnis kann dabei helfen, gefährliche Lungenentzündungen besser behandeln zu können, indem man zum Beispiel Stoffe sucht, die den Kanal namens Trpm5 aktivieren, der die Öffnung eines weiteren Kanals, Panx1, stimuliert, über den das ATP die Bürstenzelle verlässt. „Wenn ein Medikament gezielt den ATP- und ACh-Ausstoß regulieren kann, kann so möglicherweise auch eine gefährliche Lungenentzündung eingedämmt werden“, erläutert Krasteva-Christ. Bis es so weit ist, wird es allerdings noch lange dauern und es werden viele Studien folgen müssen.