Neuer Prognosemarker für Schweregrad von Multipler Sklerose entdeckt

Die optische Kohärenztomografie ermöglicht es, die inneren Strukturen der mehrschichtigen Netzhaut zu beurteilen. (Bild: © Jevgenij – stock.adobe.com)

Den Schweregrad der Multiplen Sklerose (MS) einschätzen zu können, ist wesentlich für die Wahl der adäquaten Therapiemaßnahmen. Mit den aktuell zur Verfügung stehenden Methoden kann eine solche Prognose aber nicht verlässlich getroffen werden. Eine Studie der MedUni Wien zeigt nun erstmals, dass die Netzhaut des Auges als Marker herangezogen werden kann.

Im Rahmen der Studie untersuchten die Forscher um Gabriel Bsteh und Thomas Berger von der Universitätsklinik für Neurologie von MedUni Wien und AKH Wien in Kooperation mit der Universitätsklinik für Augenheilkunde und Optometrie von MedUni Wien und AKH Wien 167 MS-Patienten über einen Zeitraum von mehr als drei Jahren. Dabei gingen sie von der Hypothese aus, dass schubbedingte Schäden an der Netzhaut des Auges das Ausmaß der Schäden im Gehirn widerspiegeln.

Wie die Analysen ergaben, bedeutet etwa der Verlust von 5 μm Netzhautschichtdicke nach einer Sehnerventzündung eine Verdopplung des Risikos für eine bleibende Behinderung nach dem nächsten Schub. Diese Voraussagen könnten künftig als Basis für Therapieentscheidungen herangezogen werden: Die Studienergebnisse weisen darauf hin, dass bei hohem Verlust an Netzhautschichtdicke intensivere Therapiemaßnahmen indiziert sind als bei geringeren Abnahmen. Das gilt auch dann, wenn die Patienten zum Zeitpunkt der Messung noch keine oder nur leichte Behinderungen haben.

Prognoseverfahren ist bereits verfügbar

Die Netzhautschichtdicke wurde von den Forschern mittels optischer Kohärenztomographie (OCT) gemessen. OCT wird unter anderem bei Augenerkrankungen wie dem Glaukom bereits als Instrument zur Diagnose und Verlaufsbeurteilung eingesetzt. „Somit steht uns das Verfahren zur Verlaufsprognose von MS bereits jetzt zur Verfügung“, betont Bsteh, Erstautor der Studie, und ergänzt: „Wie wir im Zuge unserer klinischen Studie festgestellt haben, sollten die Messungen bei Erstdiagnose, unmittelbar zum Zeitpunkt der MS-Schub-Sehnerventzündung und sechs Monate danach durchgeführt werden.“

Sollten sich die Ergebnisse in größer angelegten Folgestudien bestätigen, könnte das Verfahren auch in der klinischen Routine angewandt werden.