Neuer RSV-Impfstoff ruft starke Immunantwort hervor

In Jahr 2013 konnten Jason McLellan and seine Kollegen die molekulare Struktur derjenigen Gestalt des RSV-F-Glycoproteins bestimmen, die es vor der Infizierung der Zelle annimmt. Dies ermöglichte den Wissenschaftlern eine Überarbeitung des Proteins und die Entwicklung eines potenten neuen RSV-Impfstoffes. (Grafik: © University of Texas at Austin)

Ein experimenteller Impfstoff gegen das Respiratorische Syncytial-Virus (RSV), eine der Hauptursachen für Todesfälle durch Infektionskrankheiten bei Säuglingen, hat sich in einer klinischen Phase-I-Studie am Menschen als vielversprechend erwiesen. Ein Forscherteam berichtet, dass eine Dosis seines Impfstoffkandidaten einen starken Anstieg von RSV-neutralisierenden Antikörpern hervorrief, der über mehrere Monate erhalten blieb.

Menschen infizieren sich in allen Lebensphasen mit dem RSV, aber es ist bei sehr jungen und sehr alten Menschen am gefährlichsten. Das Virus verursacht Pneumonien, Bronchiolitis und andere Erkrankungen der unteren Atemwege. Jedes Jahr erkranken Millionen von Menschen an RSV-Infektionen und mehr als 100.000 sterben, vor allem in Gebieten, in denen es keinen Zugang zu moderner medizinischer Versorgung gibt. Für Säuglinge, die noch kein Jahr alt sind, ist RSV nach Malaria die zweithäufigste Ursache für Todesfälle durch Infektionskrankheiten.

Barney Graham und Peter Kwong vom National Institute of Allergy and Infectious Diseases Vaccine Research Center (VRC) sowie Jason McLellan von University of Texas at Austin, leiteten die Entwicklung des Impfstoffkandidaten DS-Cav1.

Wissenschaftler haben seit mehr als 50 Jahren versucht, einen RSV-Impfstoff mit traditionellen Methoden herzustellen – und bisher hat keiner funktioniert. Stattdessen verfolgten McLellan und seine Kollegen einen neuen Ansatz, der als strukturbasiertes Impfstoffdesign bezeichnet wurde.

Es war bereits bekannt, dass ein bestimmter Teil von RSV – das F-Protein – das menschliche Immunsystem zur Produktion von Antikörpern anregt. Aber das F-Protein ist ein Formwandler – bevor es eine Zelle infiziert, nimmt es eine Form an und wechselt dann während der Infektion zu einer zweiten Form. Wenn das Immunsystem auf ein RSV-Virus mit dem F-Protein in der ersten Form stößt, bildet es wirksame Antikörper. Wenn das Protein jedoch die zweite Form angenommen hat, werden weniger Antikörper hervorgerufen, und sie sind nicht sehr wirksam. Die Herstellung von RSV-Impfstoffen mit traditionellen Methoden führt normalerweise zu F-Proteinen in der zweiten Form und einer schlechten Antikörperantwort.

Hier setzt der strukturbasierte Ansatz an. Zunächst arbeiteten die Forscher mit dem Verfahren der Röntgenkristallographie, um die atomare Struktur des F-Proteins in der ersten Form zu bestimmen. Als nächstes überarbeiteten sie das F-Protein und nahmen ihm seine Fähigkeit zur Formänderung. So fixierten sie es in der Form, die die besten Antikörper hervorruft.

Im Jahr 2013 testeten sie mehrere Versionen als Impfstoff sowohl bei Mäusen als auch bei Primaten. Diese Proteinvarianten lösten hohe Mengen neutralisierender Antikörper aus und schützten die Tiere vor einer RSV-Infektion.

„Bei unserem ersten Test dieser stabilisierten Moleküle bei Tieren war die Reaktion zehnmal höher als alles, was man jemals zuvor gesehen hatte“, sag McLellan. „Da dachten wir: ‚Das ist es. Wir haben es.‘ Das war aufregend.“

Der vielversprechendste dieser Impfstoffkandidaten, DS-Cav1, wurde für die klinische Bewertung ausgewählt und anschließend vom VRC hergestellt. Der nun in „Science“ veröffentlichte Bericht ist eine vorläufige Analyse der Daten der ersten 40 gesunden erwachsenen Probanden, die an der Studie teilgenommen haben, die 2017 am National Institutes of Health Clinical Center begann. Die Forscher stellten fest, dass der Impfstoffkandidat eine mehr als zehnfache Zunahme von RSV-neutralisierenden Antikörpern hervorruft, verglichen mit der Anzahl von Antikörpern, die eine Person aufgrund einer RSV-Exposition zu einem früheren Zeitpunkt im Leben auf natürliche Weise produziert.

Die Ergebnisse sind vielversprechend, aber McLellan ist bestrebt, sie in die richtige Perspektive zu rücken. „In Phase I lautete die Frage nur: Ist es sicher und löst es die Arten von Antikörpern und Reaktionen aus, die wir sehen wollten?“, betont er. „Es müssen noch Phase II und Phase III folgen, um die Wirksamkeit zu untersuchen. Verringert es die Schwere der Erkrankung oder verringert es Krankenhauseinweisungen?“

Viele Wirkstoffe überstehen klinische Studien nicht. Wenn dieser es aber schafft – oder ein anderer, der auf der gleichen F-Protein-Struktur basiert, die er entdeckt hat – könnte dies laut McLellan eine Wende bedeuten. „Wenn es gut funktioniert und wir 70 bis 80 Prozent aller Todesfälle verhindern, denken Sie nur an die kleinen Säuglinge und Kleinkinder, die wir retten würden“, unterstreicht McLellan. „Es gibt nicht so viele Impfstoffe auf der Welt. Wenn wir also tatsächlich daran beteiligt sein können, einen herzustellen, der funktioniert und Leben rettet, wäre das großartig.“